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Integration durch Arbeit?

„Finden Asylsuchende und Flüchtlinge erfolgreich Arbeit, dann nützt das den Aufnahmegesellschaften. Der Staat muss weniger für soziale Unterstützung ausgeben. Der soziale Zusammenhalt wird gestärkt, denn Arbeit hängt eng mit anderen Integrationsbereichen zusammen. Für jeden Einzelnen ist Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig. Arbeit hilft, das Selbstwertgefühl wieder herzustellen. Arbeit ist entscheidend für menschliche Würde, sie erleichtert die Gesundung nach traumatischen Erlebnissen, sie ermöglicht finanzielle Unabhängigkeit.“ So plädierte schon im März 2014 – vor der großen Flüchtlingszuwanderung im Sommer 2015 – der „Ausschuss für Migration, Flüchtlinge und Displaced Persons“ der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

„Willkommenskultur“ braucht es auch in der Arbeitswelt

Deutschland wurde im Sommer für seine große „Willkommenskultur“ auf der ganzen Welt bejubelt. Zahlreiche Helfer engagierten sich in Unterkünften, sammelten Spenden und zeigten Nächstenliebe. Doch jetzt muss ein weiterer Schritt getan werden. Die Geflüchteten brauchen echte Chancen im deutschen Arbeitsmarkt um sich ein neues Leben aufbauen zu können. Wie es schon der Ausschuss des Europarates gesagt hat, profitieren davon beide Seiten. Für die Flüchtlinge ist es eine Möglichkeit sich in ihrer neuen Heimat eine Existenz aufzubauen, ohne von der Hilfe des Staates und der Gunst anderer abhängig zu sein. Sie können finanziell unabhängig werden und es steigert ihr Selbstwertgefühl.

Auf der anderen Seite hat natürlich auch unser Staat und unsere Wirtschaft etwas von ihrer Integration. Zum einen natürlich auch von der finanziellen Seite. Bei einem Scheitern der Integration in den Arbeitsmarkt könnte die Aufnahme der Flüchtlinge die Staatskassen langfristig mit insgesamt bis zu knapp 400 Milliarden Euro belasten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Böll-Stiftung. Je schneller allerdings die Flüchtlinge einen Arbeitsplatz finden und je höher der Qualifikationsgrad, desto geringer die Kosten, so die Studie: „Die Zuwanderung aus humanitären Gründen kann die deutschen Staatsfinanzen auf lange Sicht entlasten, wenn eine ausreichende Integration der geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt gelingt. Die Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte verbessert sich, wenn die Geflüchteten im Mittel die fiskalische Leistungsfähigkeit von beruflich qualifizierten Einheimischen erreichen und der Integrationsprozess bis dahin nicht viel mehr als zehn Jahre dauert.“ Auch aus demografischer Sicht, bringt das Vorteile für die Staatskassen. Schließlich zerbrechen sich Politiker angesichts des demografischen Wandels schon seit Jahren ihre Köpfe über das Rentensystem. Sollten die Flüchtlinge erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden, so können sie auch hier Abhilfe schaffen, so die ZEW-Studie: „Die einheimische Bevölkerung kann durch humanitäre Zuwanderung profitieren, da die künftigen finanziellen Zusatzlasten durch die demografische Alterung auf mehr Köpfe verteilt werden können. Je eine Million aufgenommene Geflüchtete vermindert dieser Größeneffekt die Steuerlast der Bürgerinnen und Bürger langfristig um etwa 20 Euro pro Kopf und Jahr.“

Die Unternehmen in Bayern sind gefragt

Sicherlich birgt die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt auch Schwierigkeiten, wie Bürokratie, fehlende Qualifikation oder Sprachkenntnisse. Jedoch sprechen die genannten Punkte, doch stark für eine Integration. Und hier sind die Unternehmen in Bayern gefragt. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) in Bayern kooperiert hierzu mit der Stadt München und dem Münchener Verein „Hilfe von Mensch zu Mensch“, um Flüchtlingen den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. Vor Kurzem hat auch die Süddeutsche Zeitung über dieses Vorhaben berichtet. Der Verein hat 40 junge Geflüchtete ausgewählt, die bereits einen Deutschkurs absolviert haben und nun auf der Suche nach einem Praktikumsplatz sind. Sehr breit gefächert sind dabei die Berufsfelder, in denen die jungen Menschen gerne eine Ausbildung anfangen möchten: Elektriker, Elektroniker, Metalltechniker, Krankenschwester, KFZ-Mechatroniker, Flugzeugmechaniker, Mechaniker, Lagerlogistiker, Schreiner, Bürokaufmann, Einzelhandelskaufmann (KFZ), IT Systemkaufmann, Autolackierer, LKW-Fahrer, Verkäufer, Koch, Arzthelfer.

Es besteht die Möglichkeit, dass die Geflüchteten zunächst ein Kurz-Praktikum in einem Unternehmen absolvieren und ab Herbst dann einen Ausbildungsplatz antreten. Die ersten fünf jungen Menschen wurden bereits erfolgreich in die bayerische Wirtschaft vermittelt, doch das Projekt läuft derzeit noch weiter.

Interessierte Unternehmen vor allem im Raum München kontaktieren bitte die BVMW-Landesgeschäftsstelle (bayern@bvmw.de).

Ihr

Achim von Michel
Herausgeber mittelstandinbayern.de

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