Mittelstand in Bayern
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US-Wahl: Vom Regen in die Traufe? 

In weniger als einem Monat kommt es zum Showdown in den USA: Die Präsidentschaftswahl steht an. Das Wahlergebnis wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch Einfluss auf viele bayerische Unternehmen haben – die USA sind eines der wichtigsten Exportländer für Bayern. Über 700 bayerische Unternehmen – darunter BMW, Siemens oder Linde – produzieren in den USA und schaffen dort über eine halbe Million Arbeitsplätze. Gleichzeitig sind über 850 US-Unternehmen im Freistaat angesiedelt, unter anderem Großkonzerne wie Google, Microsoft oder Amazon. Mehr als sechs Milliarden Euro haben diese vor Ort investiert. Die für die nächsten vier Jahre richtungsweisende Präsidentschaftswahl bringt entscheidende Auswirkungen für die Handelsbeziehungen, der Zölle und für das zwischenstaatliche Verhältnis zwischen den USA und Deutschland insgesamt.

Unterschiedliche Wahlprogramme der Kandidaten

Auch wenn sich die Wahlprogramme beider Kandidaten in manchen Punkten ähneln oder sogar überschneiden, könnten die Politikstile und Charaktere von Trump und Biden nicht unterschiedlicher sein. Trumps politische Agenda ist sehr umstritten: Die Regierung fährt eine zum Teil erzkonservative Linie, wie beispielsweise in der Gesundheits-, Zuwanderungs- und Außenpolitik. Zahlreiche Amerikaner befürworten aber sein Vorhaben, US-Unternehmen zur Produktion in den USA anzuhalten, um die heimische Wirtschaft zu stärken. Unter dem Motto „America First“ sagte Trump dem US-Mittelstand bereits bei seinem ersten Wahlkampf 2016 seine Hilfe zu. Nach seinem Amtsantritt veranlasste Trump die Pausierung der Verhandlungen für die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), außerdem stiegen die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aus. Auf diese Wahlversprechen und Strategien setzt Trump auch beim aktuellen Kampf um das Amt.

Entscheidet Joe Biden die Präsidentschaftswahl für sich, würde mit Sicherheit ein neuer politischer Kurs angestrebt werden. Biden wird eher als „mitte-links“ eingeordnet und seine Politik bezieht sich oft auf die US-amerikanische Mittel- und Arbeiterschicht. Zudem tritt er beispielsweise für eine Erhöhung des Mindestlohns und gegen die Benachteiligung systematisch ausgegrenzter Minderheiten ein. Biden setzt sich im Gegensatz zu Trump zudem für die Klimaschutzziele, eine Verschärfung der Waffengesetze und den Ausbau der Krankenversicherung ein. Einige Schritte, die Trump während seiner Amtszeit in die Wege geleitet hat, würden daher wohl rückgängig gemacht werden: Beispielsweise der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen oder die Steuersenkungen für Reiche. Biden möchte dagegen verschiedene Steuern anheben und mit den Einnahmen nationale Programme, unter anderem im Gesundheitswesen, finanzieren. Diese Steuerpolitik stößt bei manchen US-Bürgern jedoch auf massive Kritik.

Handelsstreit bleibt wohl bestehen

Unabhängig von ihrem Ausgang hat die US-Wahl großen Einfluss auf Europa – und somit auch auf Deutschland. Aktuell gibt es einige Themen, die das Verhältnis zwischen den USA und Europa belasten. Zum einen der Handelsstreit: Dieser wird sich wohl unabhängig vom Wahlergebnis noch länger hinziehen. Bei einer Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten wird zwar eine Normalisierung des Verhältnisses zu Europa und Deutschland und ein weniger aggressives Programm erwartet. Die Handelspolitik Bidens ist allerdings ähnlich stark protektionistisch geprägt, wie die seines Konkurrenten. Beide verfolgen das Ziel, die heimische Wirtschaft und Industrie besserzustellen und werben für das „Buy-American“-Prinzip.

Seit 2018 gelten schon Strafzölle auf europäische Produkte. Betroffen sind vor allem Waren, die aus Deutschland, Frankreich, Spanien oder Großbritannien importiert werden, wie beispielsweise Nahrungsmittel oder Kleidung. Auch die im Frühjahr 2018 eingeführten Strafzölle auf Stahl und Aluminium trafen viele Industrieunternehmen in Deutschland, die Exporte in die USA gingen daraufhin sprunghaft zurück. Experten befürchten, dass sich die Politik des Protektionismus langfristig negativ auf die Offenheit der Märkte auswirkt.

Auswirkungen auf US-Truppen in Deutschland

Hinzu kommen Auswirkungen auf die Stützpunkte der US-Armee in Deutschland: Da die aktuelle US-Regierung unter Trump nicht nachvollziehen kann, weshalb Deutschland seine NATO-Zusagen nicht einhält, drohte sie in den vergangenen Jahren mehrfach mit einer Reduzierung der US-Truppen in Deutschland. Dies würde auch Standorte in Bayern treffen. Insgesamt leben ca. 13.000 US-Soldaten mit ihren Familien in Bayern, die Kasernen bieten über 27.000 Arbeitsplätze. Würde Trump seine Drohung wahrmachen und die Truppen abziehen, hätte dies auch unmittelbaren Einfluss auf die lokale Wirtschaft in den betroffenen Regionen.  Dabei würde es verschiedene Branchen unterschiedlich schwer treffen. Während lokale Energie- und Wasserversorger mit hohen Einbußen rechnen müssten, würde der Einzelhandel den Wegfall der US-Kunden vermutlich weniger spüren. Wie Trumps Herausforderer Biden zum Abzug US-amerikanischer Truppen steht, ist nicht klar. Allerdings geht man davon aus, dass er Trumps Planungen nicht umsetzen würde.

Bis zur Wahl am 03. November 2020 sind es mittlerweile nur noch wenige Wochen. Beide Kandidaten verfolgen Agenden, die sich grundlegend unterscheiden – beim Thema Handel ähneln sie sich jedoch. Es bleibt abzuwarten, wer das Rennen um die US-Präsidentschaft macht. Dass sich das Wahlergebnis auf die europäische und auch die deutsche Wirtschaft auswirken wird, gilt jedoch als sicher.

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