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EuGH kippt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) für rechtswidrig erklärt. Gegen dieses Gesetz hatten die Telekom und der Münchener Internetanbieter SpaceNet AG geklagt. Wie in mehreren Urteilen in der Vergangenheit sprechen sich die Richter erneut gegen eine anlasslose Speicherung von Kommunikationsdaten wie etwa Datum und Dauer von Telefongesprächen aus. Nach Auffassung des EuGH könnten aus Telefon- und Internetdaten Rückschlüsse auf das Privatleben der Bürgerinnen und Bürger gezogen werden, was einen unerlaubten Eingriff in das Recht auf Privatsphäre darstellt.

Allerdings erlauben die Richter auch bestimmte Ausnahmen, bei denen eine begrenzte Datenspeicherung zulässig ist. Dazu gehört etwa der Schutz der nationalen Sicherheit. Auch an Orten wie Bahnhöfen oder Flughäfen, an denen das Risiko für schwere Straftaten erhöht ist, dürfen Sicherheitsbehörden die Speicherung von Daten auf Vorrat veranlassen. Außerdem dürfen grundsätzlich IP-Adressen von Computern erhoben werden.

Vorratsdatenspeicherung seit Langem umstritten

Spätestens seit Verabschiedung der EU-Richtlinie 2006/24/EG, die den Mitgliedsstaaten der EU die Einführung der Vorratsdatenspeicherung vorschrieb, ist die anlasslose Speicherung von persönlichen Kommunikationsdaten ein in Europa äußerst umstrittenes Thema. Befürworter der VDS sehen in ihr etwa ein notwendiges Instrument, um schwere Straftaten wie Terrorismus oder Kinderpornographie zu verhindern oder aufzuklären. Kritiker sehen dagegen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bevölkerung und monieren, dass auf Vorrat gespeicherte Daten nur selten zur Aufklärung der genannten Straftaten beitragen würden.

EuGH beendet Rechtsunsicherheit letztinstanzlich

Auch die Justiz hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit dem sensiblen Thema beschäftigt. Im Jahr 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt. 2014 folgte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das die EU-Richtlinie 2006/24/EG als unvereinbar mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bewertete. Dennoch führte die große Koalition aus Union und SPD die VDS 2015 erneut ein – wenn auch mit deutlich verkürzten Speicherpflichten.

Seit 2017 war die Regelung in Deutschland vorübergehend ausgesetzt. Mit dem letztinstanzlichen Urteil des EuGH endet jetzt eine Phase jahrelanger Rechtsunsicherheit. Die Bundesregierung ist nun dazu verpflichtet, das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung EU-rechtskonform zu überarbeiten. In der Ampel-Koalition bestehen dazu unterschiedliche Auffassungen. Während Grüne und FDP dafür plädieren, die VDS aus dem Gesetz zu streichen, will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die vom EuGH definierten „Spielräume nutzen“.

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