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Corona-Hilfen: Stiehlt die Staatsregierung sich zunehmend aus der Verantwortung?

Im zweiten Jahr der Pandemie gibt es mittlerweile verschiedene Programme an Corona-Hilfen für die von Schließungen und Umsatzverlusten betroffenen Unternehmen. Ein Großteil der Gelder, wie vor allem die Überbrückungshilfe, läuft dabei über den Bund. Für Aufsehen hat nun die Ankündigung des bayerischen Finanzministers Albert Füracker (CSU) gesorgt, sich nicht aus der Landeskasse an dem vom Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgeschlagenen Bundeshärtefallfonds zu beteiligen. Erste Stimmen werden laut, die der Staatsregierung vorwerfen, sich bei den Corona-Hilfen aus der Verantwortung zu stehlen. Doch sind die Vorwürfe berechtigt?

Hilfen kommen überwiegend vom Bund

Zunächst einmal hat die Bayerische Staatsregierung in der Anfangsphase der Pandemie die Soforthilfen Bayern zur Verfügung gestellt, deren Auszahlung relativ schnell und unproblematisch über die Bühne ging. Dieses Programm wurde jedoch nach wenigen Monaten mit einem Soforthilfeprogramm des Bundes verzahnt. Die auf die Soforthilfe folgenden Überbrückungshilfen sowie die November- und Dezemberhilfen sind seitdem ebenfalls Bundesprogramme.

Für die Staatsregierung spricht jedoch, dass mehrere bayerische Hilfsprogramme in Ergänzung zu den Bundeshilfen existieren: So hat die Staatregierung für die schon vor dem bundesweiten Lockdown von weitreichenden Einschränkungen betroffenen Unternehmen im Berchtesgadener Land, Rottal-Inn, Augsburg und Rosenheim ein Landesprogramm, die „Bayerische Lockdown-Hilfe“, aufgesetzt. Auch der milliardenschwere BayernFonds für Bürgschaften und stille Beteiligungen an angeschlagenen Unternehmen ergänzt die Corona-Hilfen des Bundes.

Bisher 4,2 Milliarden Euro an direkten Hilfen

Insgesamt haben bayerische Unternehmen seit Beginn der Corona-Krise rund 4,2 Milliarden Euro an direkten staatlichen Hilfen bekommen (Stand: 24. Februar 2021). Davon betrugen die Soforthilfen von März bis Mai rund 2,2 Milliarden Euro aus Landes- und Bundesmitteln. Die größten Posten der letzten Monate fielen auf die außerordentlichen Wirtschaftshilfen des Bundes im Rahmen der November- und Dezemberhilfe. Für sie gingen jeweils mehr als 50 000 Anträge ein. Bei der Novemberhilfe wurden laut Wirtschaftsministerium bisher 955 Millionen Euro beantragt und 789 Millionen Euro ausgezahlt. Bei der Dezemberhilfe gibt es Anträge über 908 Millionen Euro, 519 Millionen wurden bisher ausgezahlt. Im Rahmen der Überbrückungshilfe I bis III wurden bisher rund 670 Millionen Euro an die Unternehmen überwiesen.

Ablehnung der Beteiligung am Härtefallfonds sorgt für Kritik

Die jüngste Ablehnung gegen die Beteiligung am geplanten Härtefallfonds für Unternehmen, die durch das Raster der bisherigen Hilfen fallen, sorgt dennoch für Kritik. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der bayerischen SPD-Landtagsfraktion Annette Karl erklärte beispielsweise: „Bei jeder Regelung gibt es Einzelfälle, die in kein Raster passen, dafür ist ein Härtefallfonds die geeignete Lösung. Mittlerweile sind die meisten nennenswerten Direkthilfen über den Bund finanziert. Und jetzt entzieht sich die Staatsregierung der Verantwortung – und das als wohl einziges Bundesland.“ Dies sei kein Einzelfall, meint Karl: „Auch dann, wenn andere Länder mit Zusatzprogrammen der heimischen Wirtschaft unter die Armen greifen, lehnte es die Staatsregierung in den letzten Monaten oftmals ab, flankierende Landesprogramme – wie beispielsweise den Unternehmerlohn für Soloselbstständige – aufzusetzen.“ Beim Unternehmerlohn für zahlreiche existenzgefährdete Selbständige ist in Form der sogenannten Neustarthilfen mittlerweile ebenfalls der Bund tätig geworden. Obwohl die Antragstellung auf die Neustarthilfen erst seit wenigen Tagen möglich ist, sollen hier bereits 29 Millionen Euro geflossen sein. In Umfang und Masse der angekündigten Hilfen übertreffen die aktuellen Hilfen aus Berlin folglich die bayerischen Hilfsprogramme deutlich.

Schleppende Auszahlung bleibt problematisch

Ein Problem bei nahezu allen Corona-Hilfen bleibt indes die schleppende Bewilligung und Auszahlung der Hilfen. „Wir brauchen keine zusätzliche Bürokratie durch neue Sonderprogramme, sondern endlich die Auszahlung der zugesagten Gelder. Was der Bund versprochen hat, muss er auch einhalten“, begründete Füracker daher seine ablehnende Haltung gegenüber einer bayerischen Beteiligung am Härtefallfonds. Die CSU spielt damit den Ball zurück nach Berlin, obwohl auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einen Härtefallfonds grundsätzlich für sinnvoll erachtet: „Leider fallen bestimmte Unternehmen noch immer durch das Raster. Mischbetriebe, Brauereigaststätten und im letzten Jahr neu gegründete Betriebe beispielsweise erhalten keine oder zu wenig finanzielle Unterstützung.“ Georg Schneider, Geschäftsführer des Familienbetriebs Schneider Weisse, berichtete beispielsweise gegenüber dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), dass sein Unternehmen als Mischbetrieb aus Brauerei und Gastronomie eingeordnet wird und so bisher nicht an die Sonderhilfen für November und Dezember komme. „Hier muss nachgebessert werden – ob mit einem Härtefallfonds oder durch eine Anpassung der laufenden Programme“, betont Aiwanger. Ob es nicht doch noch zusätzliche Hilfen aus Landesmitteln gibt, bleibt daher offen.

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