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Mario Ohoven: „Der Soli ist eine Strafsteuer für den Mittelstand“

Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist es „korrekt, vernünftig und sinnvoll“, für Wirtschaftsverbände ungerecht und verfassungswidrig: die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Ab 2021 sollen grundsätzlich zwar 90 Prozent der Zahler befreit werden. Die restlichen 10 Prozent zahlen aber weiterhin wie bisher. 2018 kamen diese 10 Prozent für die Hälfte der Gesamteinnahmen von 19 Milliarden Euro auf.

Verfassungsbeschwerde angekündigt

Sollte das geplante Gesetz in dieser Form zustande kommen, hat der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) bereits mit dem Gang vor das Verfassungsgericht gedroht.  „Sollte die GroKo an dem geplanten Verfassungsbruch festhalten, werden wir unmittelbar nach Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes Verfassungsbeschwerde dagegen in Karlsruhe einlegen“, betonte Mario Ohoven, Präsident des BVMW, gegenüber dem Handelsblatt.

Soli erfüllt nicht eigentliche Aufgabe

Ursprünglich als befristet Unterstützungsabgabe für die Wiedervereinigung eingeführt, wird der Solidaritätszuschlag längst nicht mehr für diesen eingesetzt. Da der Soli nicht zweckgebunden ist, wird er schon lange zur Finanzierung anderer Vorhaben genutzt. 2018 floss beispielsweise nur noch ein Viertel der Einnahmen in den Aufbau Ost. Im Alltag ist so aus der vorübergehenden Sonderabgabe eine reguläre Steuer geworden.

Ungleichbehandlung

Die von einer Verlängerung der Abgabe betroffenen 10 Prozent sind primär Unternehmen und Selbständige, aber auch gut ausgebildete Fachkräfte. Da der Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftssteuer beibehalten werden soll, werden Kapitalgesellschaften (GmbHs und AGs) weiterhin belastet. Insbesondere kleinere GmbHs und viele Start-ups werden hierdurch benachteiligt. Die teilweise Beibehaltung des Soli wird so zu einer Strafsteuer für den Mittelstand.

Belebung der Konjunktur

Die Regierung verspricht sich von einem Teil-Wegfall eine „Stärkung der Arbeitsanreize, Kaufkraft und Binnenkonjunktur.“ Die vollständige Abschaffung hätte allerding eine umso größere Wirkung. Laut einer Umfrage des BVMW unter 1000 Mitgliedern würden 90 Prozent der Befragten die so frei gewordenen Mittel unter anderem in die Digitalisierung ihres Unternehmens investieren. 80 Prozent würden mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben und mehr als die Hälfte denkt über Lohnerhöhungen nach. Es stellt sich die Frage: Warum also nicht ganz abschaffen?

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1 Kommentare

Ewald Schäfer 30. Dezember 2020 at 11:38

Auf die zuletzt genannte Frage lautet die korrekte Antwort:
Weil die uralte Meinung, dass mehr finanzielle Freiheit für Unternehmen auch nahezu 1:1 mehr Mittel für sicherlich lobenswerte und sinnvolle Vorhaben, wie den Ausbau der Digitalisierung oder die Intensivierung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit zur Folge haben wird, einfach ein Märchen der Oberschicht ist. Das sind die heeren Ziele, die man vor der Kamera aussagt aber in der Realität dann meist doch nicht oder nur wenig umsetzt. Hier geht in diesem Artikel schlussendlich darum, dass Lobbyisten versuchen wage Argumente (Absichtsbekundungen aus anonymen Umfragen) zu sammeln um eine überschaubare Steuerbelastung, die Unternehmen schon in der Vergangenheit zahlen mussten, und tatsächlich das ohne dadurch Pleite zu gehen und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern (wer hätte es gedacht?), nun abzuschaffen. Ihr Geld soll nicht dem Bundeshaushalt und damit solidarisch der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden (selbst wenn einige der Einnahmen aus dem Soli nicht in den Aufbau Ost geht), sondern zur freien Verfügung. Solidarität mit der Gemeinschaft wird hier hinten angestellt. Trotz der sehr guten Geschäfte und hohen Eigenkapitalquoten der letzten Jahre, die eigentlich einen Spielraum für solidarisches Handeln geben sollten und trotz der bekannten Unterstützungen für Unternehmen in der Corona-Krise, die übrigens falls die Information unter gegangen ist, aus Bundesmitteln finanziert wird. Solidarität hilft in Krisenzeiten und sollte in unserer zunehmend kapitalistischen und immer weniger wertorientierten Gemeinschaft um jeden Preis vor Eigeninteressen einzelner geschützt werden. Hier muss sich auch der Mittelstand, der sich zurecht als eine Säule der wirtschaftlichen Entwicklung ansieht, fragen ob man der eigenen Verantwortung mit Stolz nachkommen will, oder stattdessen juristisch nicht haltbare Vorwände und politische Klüngeleien nutzen möchte, um sich der Verantwortung weiter zu entziehen.

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