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Digitalisierung des Gesundheitswesens: Telemedizin & E-Rezepte

Am 7. November 2019 verabschiedete der Deutsche Bundestag neue Regelungen zur Förderung digitaler Innovationen in Deutschland. Die Neuerungen werden weitreichende Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung der 72 Millionen Versicherten haben: Ärzte können nun medizinische Anwendungen digital verschreiben. Telemedizinische Angebote sollen zur Regel werden. Forschungsorganisationen erhalten Zugang zu medizinischen Patientendaten. Alles beginnt bereits ab 2020/2021!

Deutschland war schon immer ein von außen attraktiver Markt für weltweite digitale Gesundheits-Startups. Dennoch gibt es Hunderte von Beispielen digitaler Gesundheitsinnovatoren aus Deutschland und Unternehmen von außerhalb, die entweder Deutschland den Rücken kehrten oder insgesamt scheiterten. Restriktive Vorschriften und die Persistenz des etablierten Gesundheitssystems schienen zu groß zu sein.

Es gab jedoch drei Hauptstränge, die die zukunftsorientierte medizinische Versorgung des Landes vorantrieben. Erstens interessieren sich die Patienten immer mehr für das Potenzial, das die Telemedizin zu bieten hat. Zum anderen geht es ihnen um die Zugänglichkeit und Sicherheit medizinischer Daten. Ärzte und Apotheker wünschen sich zusätzliche Instrumente zur Entscheidungshilfe und wollen in der Lage sein, mit den ständig wachsenden Mengen an medizinischen Daten effektiv umzugehen. Die dritte und entscheidende Kraft, die das Gesundheitswesen in Deutschland nun revolutioniert, ist die wachsende Unterstützung durch die Regierung, die erkannte, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht nur wünschenswert, sondern notwendig ist.

So wurden die Vorschriften im Laufe der letzten Monate geändert, mit einem wichtigen Meilenstein am 7. November 2019. Die neuen Regelungen werden einen großen Einfluss auf die Erfolgsquote digitaler Gesundheitslösungen für in Deutschland versicherte Einwohner und Vertreter des Gesundheitswesens haben.

Was erwarten uns für Neuerungen im Gesundheitssektor?

Bis vor kurzem war die Fernbehandlung in Deutschland streng verboten. Um eine medizinische Diagnose zu erhalten, war ein persönlicher Arztbesuch erforderlich, bei dem der Patient oft mit langen Wartezeiten und zum Teil langen Anfahrtswegen zur Klinik rechnen musste. 

Die Telemedizin eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten. Nun können Patienten ihre Symptome mit einem (Online-)Arzt besprechen und eine Behandlungsempfehlung per Videokonferenz erhalten, wenn der Arzt den Patienten kennt und ihn zuvor persönlich getroffen hat. Dies könnte Zeit sparen und sowohl Patienten, die in ländlichen Gebieten leben, als auch internationalen Patienten, die an einer ärztlichen Beratung in Deutschland interessiert sind, mehr Behandlungsmöglichkeiten bieten. 

Künftig könnten die Patienten mit ihren Smartphones möglicherweise selbst eine Diagnostik durchführen, die Informationen sofort an einen Arzt (oder einen Diagnosealgorithmus) senden und viel schneller als heute eine Empfehlung erhalten.

Nachdem Patienten also bisher nur auf telemedizinische Betreuung im Ausland zurückgreifen konnten, haben nun  auch in Deutschland ansässige Ärzte die Möglichkeit, ihren Patienten zusätzlichen Service anzubieten.

Die wichtigsten Änderungen sind:

  1. Ärzte dürfen medizinische Apps verschreiben. Medizinische Apps, die die Datensicherheits- und Funktionstests des BfArM bestanden haben, dürfen ab Anfang 2020 von Vertretern des Gesundheitswesens verschrieben werden. Anbieter medizinischer Apps sollen die Möglichkeit erhalten, die Wirksamkeit ihrer Lösungen innerhalb eines Jahres nachzuweisen und mit dem Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen über die Preisgestaltung zu verhandeln.
  2. Telemedizinische Beratungen werden zur Regel. Vertreter des Gesundheitswesens dürfen aktiv für ihre telemedizinischen Dienstleistungen bei Patienten werben, z.B. auf ihren Websites. Die Preisgestaltung für telemedizinische Dienstleistungen wird noch verhandelt, soll aber bald gelöst werden.
  3. Verbesserter Zugang zu Patientendaten für die Forschung. Die deutschen gesetzlichen Krankenkassen sind gezwungen, anonymisierte demographische Daten und Gesundheitsdaten ihrer Mitglieder an eine zentrale Datenbank zu senden, die von der deutschen Regierung verwaltet wird. Forschungsorganisationen und Universitäten können zu Forschungszwecken Zugang zu den Daten beantragen.
  4. Jeder Versicherte wird Zugang zu einer elektronischen Gesundheitsakte erhalten. Bis Januar 2021 muss jedes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (72 Mio.) Zugang zu einer elektronischen Patientenakte haben.
  5. Die Kommunikation und Verschreibung von Patienten des Gesundheitswesens wird auf elektronische Kanäle verlagert. Elektronische Rezepte für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel, Arztbriefe und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Arbeitgeber werden nun erlaubt sein. Die traditionelle Faxkommunikation wird dadurch weniger attraktiv.
  6. Apotheken, Vertreter des Gesundheitswesens und Krankenhäuser sind gezwungen, sich an sichere Kommunikationsnetze anzuschließen. So ist ein Anschluss an das von der gematik GmbH bereitgestellte sichere deutsche Gesundheitsdatennetz zwingend notwendig. Bei Nichteinhaltung werden finanzielle Sanktionen verhängt.
  7. Die Krankenkassen werden Online-Mitgliederanmeldungen anbieten.
  8. Gesundheitsinnovationen werden finanziell unterstützt. Die deutsche Regierung verlängerte die jährliche Finanzierung von 200 Millionen Euro für 4 Jahre, um Innovationsprojekte im Gesundheitswesen zu unterstützen.

Diese Neuerungen stellen die Weichen für E-Gesundheit und Telemedizin in Deutschland. Healthcare-Apps, Video-Chats mit Ärzten und elektronische Datenbanken sind nur einige der Innovationen, die Patienten in naher Zukunft erwarten können.  Doch nicht alle sind begeistert.  Als Gesellschaft, die sehr um die Privatsphäre ihrer Bürger besorgt ist, haben sich deutsche Ärzte skeptisch über den Datenschutz im Gesundheitswesen geäußert – insbesondere angesichts der jüngsten Cyber-Angriffe.

Sicherheitsrisiko oder Gütezeichen?

Experten sind sich einig, dass es einen angemessenen Datenschutz zum Schutz der Privatsphäre der Patienten geben wird. Dies wird bei der Einführung neuer digitaler Angebote im Gesundheitswesen zu berücksichtigen sein. Weil die Deutschen so besorgt um ihre Privatsphäre sind, sagen einige Experten voraus, dass der Datenschutz zu einem Eckpfeiler der deutschen E-Gesundheit werden wird. 

Wenn Deutschland über eine überlegene Datensicherheit im Gesundheitswesen verfügt, könnte dies sogar zu einem Alleinstellungsmerkmal für Menschen werden, die sich außerhalb Deutschlands behandeln lassen wollen. Bisher war das bekannteste Qualitätssiegel „Made in Germany“. Das könnte in Zukunft sehr wohl durch „von Deutschland geschützt“ ersetzt werden.

Telekonsultation: Wie funktioniert sie?

Die Telekonsultation ist eine 100% digitale Alternative, die Zugang zu einer angemessenen medizinischen Überwachung bietet. Dank dieses Systems können Patienten ohne geografische Einschränkungen auf die Versorgung zugreifen, da die Konsultation von überall aus erfolgen kann, wobei die Plattform den Patienten direkt mit einem Angehörigen der Gesundheitsberufe in Kontakt bringt.

Die Telekonsultation basiert auf den gleichen Prinzipien wie eine traditionelle Konsultation: Der Arzt stellt eine Diagnose, kann ein Rezept verschreiben, ein Krankenschein ausstellen und den Patienten gegebenenfalls an einen Spezialisten vor Ort überweisen. Wenn die Telekonsultation an die Bedürfnisse der Allgemeinmediziner angepasst ist, sind auch viele Fachärzte online anwesend (Dermatologe, Urologe, Gynäkologe etc).

Gesundheits-App

Mit der elektronischen Verschreibung wird die gesamte telemedizinische-Infrastruktur erweitert. Durch eine Plattform werden Patienten, Ärzte, Apotheken und Versicherungen miteinander verbunden. So können Patienten  über eine einzige App auf einem Mobiltelefon z.B. Arzttermine vereinbaren, ein Rezept nachfüllen lassen, eine Apotheke in der Nähe finden, Rezepte einlösen und von der Krankenkasse erstatten lassen und vieles mehr.

3D-Technologien in der medizinischen Behandlung

Virtuelle Realität und 3D-Technologien werden nicht mehr nur zur Erzeugung großartiger visueller Effekte in Spielen oder beim Filmemachen eingesetzt. Jetzt hat diese Technologie das Potenzial, die Gesundheitsbranche erheblich zu beeinflussen. Wenn wir uns den deutschen Markt ansehen, sehen wir, dass die Zahl der IT-Unternehmen, die 3D-Technologien für Mediziner anbieten, wächst. Medizinische 3D-Animationen werden bereits erfolgreich in der chirurgischen Planung, in der medizinischen Ausbildung und bei der Erstellung von Implantaten sowie in der virtuellen Rehabilitation von Patienten eingesetzt, die an Schlaganfall, psychischen Problemen oder Mobilitätsverlust leiden. Dieser Trend wird sich weiter entwickeln.

Wenn wir über digitale Gesundheit sprechen, wird häufig auch der Begriff der künstlichen Intelligenz (KI) diskutiert. Trotz der Tatsache, dass es immer noch viele Fachleute gibt, die nicht an die Vorteile der KI glauben, scheint es nicht so, dass KI und ML nicht jede Branche, einschließlich des Gesundheitswesens, revolutionieren werden. Bild- und Spracherkennung zur Früherkennung von  körperlichen und geistigen Krankheiten wird bald Realität werden.

Vorteile der Telemedizin

Telemedizin ist für bestimmte Teile unseres Gesundheitssystems schneller, sicherer, effektiver und auf lange Sicht kostengünstiger. Gerade bei der Primärversorgung nicht akuter Gesundheitsprobleme, die eine vor Ort Versorgung in der Praxis oder Klinik benötigen (wie z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt, Frakturen etc.), bietet die Telemedizin viele Vorteile. Auch für die Nachsorge oder bei chronischen Erkrankungen (z.B. Asthma) und psychischen Notfällen kann sie vorteilbringend eingesetzt werden.

Die Telemedizin bringt u.a. folgende Vorteile mit sich:

  1. Zeitersparnis: Keine stundenlangen Fahrten oder Wartezeiten in einer Arztpraxis, keine Notwendigkeit, sich von der Arbeit freistellen zu lassen oder die Kinder aus der Schule zu nehmen.
  2. Geldersparnis: Keine Ausgaben für Benzin, Parken, zusätzliche Mahlzeiten im Freien, Kinderbetreuung und vielleicht sogar Flugtickets und Hotelaufenthalte für den Besuch beim Spezialisten.
  3. Ansteckungsrisiko senken: Keine Gefahr sich in überfüllten Praxen anzustecken. Gerade bei Pandemien oder Krankheitswellen wie der Grippesaison ein wichtiger Faktor, der das Gesundheitssystem entlastet.
  4. Eigenkontrolle: Ständiger Zugriff auf eigene Patientenakte. Nach der Sitzung können die Patienten, indem sie sich in ihren persönlichen Bereich einloggen, direkt auf ihre Rezepte oder Berichte zugreifen und sie an den Arzt ihrer Wahl schicken.
  5. Unterstützung der Forschung: Patienteninformationen werden in große zentralisierte Datenbanken eingegeben, auf die Forscher Zugriff haben werden. Dies könnte zu großen Fortschritten in der medizinischen Behandlung führen, da Forscher größere Mengen an Daten aus dem wirklichen Leben analysieren können als je zuvor.
  6. Erleichterung im Informationsaustausch: Durch die Erstellung digitaler Patientenakten, in denen die gesamte Krankengeschichte eines Patienten an einem Ort gespeichert wird, wird der Informationsaustausch erleichtert. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Patient die Klinik oder von einem Allgemeinmediziner zu einem Spezialisten wechselt oder sich eine zweite Meinung einholen möchte.
  7. Entlastung der Ärzte: Ärzte können sich ihre Zeit besser einteilen und überlasteten Warteräumen vorbeugen. Zudem wird der Informationsaustausch erleichtert und durch Technologien Fehlerrisiken minimiert. 

FAZIT: Telemedizin- Der Weg in die Zukunft

Deutschland steht im Vergleich zu anderen Nationen in Sachen Telemedizin erst am Anfang. Doch anhand der Erfahrungen anderer Länder und der erprobten Technologien sind die Markteintrittsmöglichkeiten besser als je zuvor. Die Patienten werden von den Vorteilen der Telemedizin profitieren und das deutsche Gesundheitswesen wird optimiert und zukunftsorientiert aufgestellt. 

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