Aktuelle wirtschaftliche Schwierigkeiten und gesellschaftliche Spannungen stellen eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar. Dennoch legt der aktuelle Kurzbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nun offen, dass Unternehmen und Bevölkerung den aktuellen Veränderungen generell positiv gegenüberstehen.
Ergebnisse aus zwei Befragungen
Unternehmen und Bevölkerung haben trotz der vielen gesellschaftlichen Umbrüche, mit denen die deutsche Wirtschaft derzeit konfrontiert ist, eine zuversichtliche Grundhaltung. Dieses Fazit zog der Bericht auf Basis der Ergebnisse zweier Befragungen. Grundlage war zum einen die IW-Personenbefragung, in deren Rahmen im Dezember 2024 ein repräsentativer Teil der Bevölkerung befragt wurde, und das IW-Zukunftspanel, bei dem von Januar bis Februar 2025 Geschäftsführende von Unternehmen befragt wurden. Dabei wurden Unternehmen und Bevölkerung gefragt, ob sie in verschiedenen Treibern aktueller Umbrüche eher Chancen oder Risiken für Deutschland sehen oder diese als „teils/teils“ empfinden.
Digitaler Wandel als klare Chance
Digitalisierung ist schon seit Längerem ein einflussreicher Faktor für Wirtschaft und Gesellschaft. Vor allem in den letzten Jahren wurden durch das Aufkommen von KI viele Veränderungen beschleunigt. Obwohl sie von einigen als Risiko und Bedrohung eingeschätzt wird, überwiegt dennoch die positive Einschätzung von Digitalisierung: Fast 72 Prozent der Unternehmen sowie knapp 66 Prozent der Bevölkerung sehen im digitalen Wandel Chancen. Die Risiken überwiegen hingegen nur für 13 Prozent der Unternehmen und 11 Prozent der Bevölkerung.
Meinung zur Fachkräftezuwanderung gespalten
Ein weiterer wichtiger Treiber für gesellschaftliche Veränderungen ist der demografische Wandel. Aufgrund des demografiebedingten Fachkräftemangels fällt es vielen Unternehmen schwer, geeignetes Personal zu finden. Die Zuwanderung von Fachpersonal stellt daher für viele Betriebe einen wichtigen Weg zur Personalgewinnung dar, weshalb die Mehrheit der Unternehmen (rund 59 Prozent) diese als Chance einschätzt. Die Bevölkerung hingegen hat aufgrund des polarisierenden Meinungsklimas rund um das Thema Migration eine etwas negativere Einschätzung: Jede zweite Person (gut 50 Prozent) erkennt in der Fachkräftezuwanderung Chancen, rund 23 Prozent sehen darin Risiken.
Differenz am größten beim Thema Freihandel
Vor dem Hintergrund protektionistischer Tendenzen der deutschen Wirtschaft und bevorstehender Probleme im Exporthandel bewertet die klare Mehrheit der Unternehmen (rund 65 Prozent) den Abschluss neuer Freihandelsabkommen als chancenreich, nur knapp 9 Prozent sehen darin Risiken. Damit geht die Einschätzung der Unternehmen klar auseinander von jener der Bevölkerung: Nur 47 Prozent erkennen darin Chancen, fast 14 Prozent befürchten Risiken.
Pessimismus bezüglich klimapolitischer Transformation
Um bis 2045 den gesetzlich verankerten Strukturwandel umzusetzen, ist die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert. In Fällen, in denen gut bezahlte Industriearbeitsplätze als gefährdet empfunden werden, zeichnet sich schon jetzt ein wachsender Widerstand ab. Dem gegenüber steht die anstehende Bedrohung durch die globale Erwärmung und ihre weitrechenden Folgen.
Die Einschätzung zum Thema ist dementsprechend unter den Unternehmen sowie in der Bevölkerung tendenziell pessimistisch. Im Vergleich zu den anderen Veränderungstreibern werden am meisten Risiken bezüglich der klimapolitischen Transformation gesehen. Bei den Unternehmen liegt die Wahrnehmung der Chancen (gut 38 Prozent) nur knapp über der der Risiken (rund 36 Prozent). Unter der Bevölkerung ist die Einschätzung etwas besser: Knapp 43 Prozent sehen darin Chancen, knapp ein Viertel eher Risiken (etwa 24 Prozent). Somit ist die klimapolitische Transformation der einzige Treiber von Veränderungen, bei dem die Unternehmen eine negativere Einschätzung haben als die Bevölkerung.