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Anzeichen mehren sich: Oktoberfest 2020 vor dem Aus?

In spätestens acht Wochen müssen die Verantwortlichen eine Entscheidung treffen, denn dann beginnen traditionell die Aufbauarbeiten der Wiesnzelte und Fahrgeschäfte auf der Münchener Theresienwiese. Doch während aus dem Kreis der Betreiber bisher zu hören ist, man wolle die Entscheidung so lange wie möglich hinauszögern, mehren sich die kritischen Stimmen und Anzeichen für eine Oktoberfest Absage 2020 oder zumindest ein völlig umgestaltetes Oktoberfest.

Pilsinger: Es wird mehrere Corona-Wellen geben

Der Münchener Arzt Stephan Pilsinger, der für die CSU im Deutschen Bundestag sitzt, sieht das Risiko einer zweiten Infektionswelle im Herbst für viel zu groß an, um eine internationale Großveranstaltung mit Millionen Besuchern stattfinden zu lassen. Mit Blick auf den nachgewiesenen Infektions-Hotspot Ischgl warnt Pilsinger klar davor, dass Menschen in großer Zahl auf engstem Raum zusammenkommen – und zwar auch noch im Herbst, denn nach jetziger Lage werde die Corona-Epidemie in mehreren Wellen verlaufen. Ein Umstand gibt Pilsinger dabei klar recht: Auch bisher war die „Wiesn-Grippe“ ein jährlich zu beobachtendes Phänomen, mit dem rund um das größte Volksfest der Welt die Arztpraxen vielerorts zu kämpfen hatten. Auch ein Blick auf die Diskussion um andere Großveranstaltung zeigt: die Sorge wächst. In der ZDF-Sendung „Aktuelles Sportstudio“ vom vergangenen Samstag betonte Virologe Alexander Kekulé, Fußballspiele der Bundesliga mit Publikum seien in diesem Jahr wohl eher als unrealistisch anzusehen. Doch wenn sich schon einige zehntausend Menschen nicht in einem Stadion versammeln sollen, wie kann dann der zweiwöchige „Ausnahmezustand“ in den Bierzelten in München mit jährlich über 6 Millionen Besuchern ab dem 19. September gerechtfertigt werden. Damit wird auch ein mögliches weiteres Szenario, nämlich das Traditionsfest in diesem Jahr nur für Münchner und Menschen aus der Region zu öffnen, nicht plausibler. Richtig dabei ist, dass mit rund 71 Prozent die weit überwiegende Mehrzahl der Besucher aus Bayern kommt – das wären dann aber immer noch über 4 Millionen Gäste.

Radikal veränderte Seuchenpolitik könnte helfen

Es scheint deshalb so, dass eine Durchführung des Oktoberfestes in diesem Jahr nur mit einer radikalen Strategieänderung im Umfang mit Covid-19 überhaupt noch eine Chance hätte. Würde man tatsächlich bald auf das derzeit diskutierte Prinzip der „Umkehrisolation“ umschwenken, also ab einem bestimmten Zeitpunkt vor allem noch Menschen aus Risikogruppen (in der Regel Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen) in ihren Sozialkontakten beschränken, gäbe es zunächst keinen triftigen Grund mehr für ein generelles Verbot. Ob man jedoch das Risiko eingehen würde, Besucher aus den derzeit großen Covid-19 Pandemieländern zum Feiern nach München einzuladen  – allen voran die zahlenmäßig größten ausländischen Wiesn-Fans aus Italien, Großbritannien und den USA –  bleibt doch sehr fraglich. Und am Schluss müssten die Menschen ja auch freiwillig und gerne wie in den Vorjahren ausgelassen das Oktoberfest besuchen – eine Vorstellung, die vor dem Hintergrund weitgehender Ausgangsbeschränkungen in ganz Deutschland zumindest derzeit äußerst schwer fällt.

So deutet schon jetzt einiges darauf hin, dass das weltgrößte Volksfest mit einem Wirtschaftswert von zuletzt 1,2 Milliarden EURO im Jahr 2020 aufgrund von Seuchengefahr einfach nicht stattfinden kann – so wie schon 1854 und 1873 aufgrund der damals grassierenden Cholera. Nicht nur für Tourismus- und Gastronomiebetriebe wäre dies ein weiterer Alptraum im Krisenjahr 2020.

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