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EU-Gesetz zur Netzneutralität: Nachteil für den Mittelstand?

„Als ich das WWW entworfen habe, war es eine offene Plattform, die Kollaboration und Innovation förderte (…) Das Prinzip der Netzneutralität hat dafür gesorgt, dass das Internet seit seiner Entstehung ein freier und offener Raum geblieben ist.“ So äußerte sich der Erfinder des World Wide Web Tim Berners-Lee kurz vor der gestrigen Abstimmung des EU-Parlaments zum sogenannten „EU-Telekom-Paket“. Doch an dem Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Parlamentes hat sich dadurch nichts mehr geändert. Gestern wurde das Paket verabschiedet. Ein umstrittenerer Teil regelt die sogenannte Netzneutralität. Unter Netzneutralität versteht man eines der Grundprinzipien des Internets. Alle Informationen sollen dabei auf ihrem Weg gleich behandelt werden, so dass keine Daten bevorzugt oder schneller verschickt werden und ankommen.

„Die Netzneutralität ist in Gefahr“

Kritiker, wie Tim Berners-Lee, befürchten nun eine Gefährdung der Netzneutralität durch das neue Gesetzespaket. Grundsätzlich setzt dieses zwar auch eine Netzneutralität fest, jedoch heißt es im Gesetzestext, dass bestimmte „Spezialdienste“ privilegiert behandelt werden können. Dabei ist unklar, was genau die „Spezialdienste“ sind, die vom Prinzip der Netzneutralität ausgenommen werden können. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger (CDU) spricht von sehr begrenzten Ausnahmen wie etwa hochwertigem Internetfernsehen, Gesundheitsleistungen und Systemen der Verkehrssicherheit. Kritiker befürchten jedoch ein „Zwei-Klassen-Netz“. Sie haben Angst, dass große Internetfirmen immer mehr das offene Internet durch Spezialdienste gegen Aufpreis ersetzen. Dadurch würden die großen Konzerne ihre privilegierte Stellung immer mehr ausbauen und kleinere Firmen und Start-Ups hätten Nachteile.

IT-Mittelstand hofft auf einen neutralen Wettbewerbsraum im Internet

Auch der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) kritisiert die unzureichende Definition der sogenannten „Spezialdienste“. Der Verband hofft auf eine baldige und restriktive Regelung für entsprechende Spezialdienste, die im Bedarfsfall priorisiert werden dürfen. „Spezialdienste sollten nur für bestimmte, klar umrissene Bereiche angeboten werden, und nicht als Hintertür für die Umgehung der Netzneutralität durch große Provider missbraucht werden. Und wir bedauern auch, dass durch diese Regelung falsche Anreize für Provider gesetzt werden. Jetzt ist es ihnen möglich, den Datendurchsatz in Netzen zu drosseln, wenn deren Auslastung zu hoch wird. Wir hätten uns mehr Anreize für den Breitbandausbau gewünscht“, erklärte BITMi-Präsident Dr. Oliver Grün.

Dennoch ist der Verband nicht ganz unglücklich mit dem Gesetzespaket. Er sieht das Paket durchaus als einen Gewinn für die Netzneutralität. „Das Hauptanliegen des IT-Mittelstandes ist, dass das Internet ein neutraler Wettbewerbsraum bleibt. Darum sind wir froh, dass alle Beteiligten das Best-Effort Prinzip beim Thema Netzneutralität als Grundlage für die Regulierung digitaler Netzwerke in Europa sehen. Dass einzelne Datenkategorien in bestimmten Situationen unterschiedlich priorisiert werden können, ist aus unserer Sicht akzeptabel. Voraussetzung dafür ist aber, dass es innerhalb dieser Datengruppen keine Ungleichbehandlung geben darf und der Eingriff in die Netzneutralität notwendig ist“, erklärte Grün.

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