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Was Unternehmer von Piloten lernen können

Sicher und souverän handeln – auch in turbulenten Zeiten!

Der Notfall kam sprichwörtlich aus heiterem Himmel. Die Boeing war am Flughafen Hurghada abgehoben – alles planmäßig, ein Bilderbuchstart. Zehn Sekunden später bekommt die Maschine in einer Steilkurve liegend einen heftigen Schlag ab. Die Strömung an den Tragflächen reißt ab, das 80-Tonnen-Flugzeug fällt plötzlich wie ein Stein vom Himmel. 150 Meter über Grund. „Da bleiben zwei Sekunden zum Reagieren, sonst ist ein Absturz unabwendbar.“ Was war passiert? „Wir sind von einer Windscherung erfasst worden. Eines der seltensten Phänomene, die es in der Luftfahrt gibt. Und eines der gefährlichsten. Vereinfacht gesagt, ist eine Windscherung ein plötzlicher, heftiger Wechsel der Windrichtung“, erzählt Philip Keil, damals „Pilot Flying“ im Cockpit. Er reagiert sofort: Nase der Boeing nach unten, mittels Querruder aggressiv die Kurve ausleiten und die Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn. „Das war der einzige Weg, um wieder Strömung an die Tragflächen zu bekommen.“ Kurz darauf greift die Aerodynamik, die Maschine ist wieder unter Kontrolle.

NASA-Strategien fürs Unternehmens-Cockpit

Diese Grenzerfahrung hat Philip Keil dazu inspiriert, sein Wissen und seine Erfahrungen über den Tellerrand der Luftfahrt hinaus bekannt zu machen. Denn Stress, Konflikte, Notfälle: All das gehört mittlerweile zum Job-Alltag dazu. Gerade in turbulenten (Flug-)Phasen zeigt sich, ob die Crew gut aufgestellt ist oder nicht. Im Cockpit wie im Business.
Das Problem: Unser Gehirn arbeitet im Krisenmodus sehr uneffektiv. Totstellen, wegrennen oder angreifen – die Evolution lässt grüßen. Weil diese Reaktionen in der Luftfahrt bereits zu verheerenden Katastrophen geführt haben, entwickelte die NASA Ende der 70er Jahre das „Crew Resource Management“. Hocheffektive Strategien, die Piloten auch im Notfall dabei helfen, überlegt und koordiniert zu handeln. Heute ist Keil als Buchautor und international gefragter Top-Redner tätig. „Mein Ziel ist es, Menschen in Führungsverantwortung dabei zu helfen, ihre Potentiale besser zu entfalten. Diese bewährten Tools verbessern die Entscheidungskompetenz, das Stressmanagement und das Teamverhalten meiner Kunden.“

Bild Buch Ready for Take Off
In seinem Buch „Ready for Take Off“ zeigt Philip Keil anhand von Strategien aus dem Cockpit auf, wie Unternehmen ihre Stärken nutzen und Stress vermeiden können.
Aus Fehlern lernen

Das „Crew Resource Management“ hat die Arbeit im Cockpit revolutioniert. Klare, koordinierte Arbeitsabläufe zwischen dem fliegenden Pilot und dem sog. „Pilot Monitoring“, der seinen Kollegen kontrolliert und unterstützt. Diese Errungenschaft konnte nur gefeiert werden, weil in der Luftfahrt alle Abstürze und Unfälle akribisch analysiert werden. Was lief schief? Warum haben die Piloten diese Fehler gemacht? Die Erkenntnisse daraus fließen bis heute in die Optimierung der Zusammenarbeit von Piloten ein. Dieses Fehlermanagement fehlt bei Unternehmen häufig. „Bei uns herrscht ein sehr offener Umgang mit Fehlern“ berichtet Keil. „Wir schreiben – auf Wunsch auch anonym – über unsere Erfahrungen und was wir daraus gelernt haben. Die Berichte aller Piloten erscheinen regelmäßig in Form einer Broschüre, der ‚Flight Safety Info‘. So kann jeder von den Fehlern der anderen lernen.“ Keil ermutigt Unternehmen zu einem offenen Umgang mit Fehlern und stellt konkrete Maßnahmen vor, wie ein maximaler Nutzen daraus entsteht. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer positiven Fehlerkultur seltener „crashen“ und motiviertere Mitarbeiter haben.

Cross-Check mit Kollegen

Situationen können unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden. Ähnlich wie Kapitän und Copilot die Anzeigen ihrer Instrumente vergleichen, also „cross-checken“, sollten auch Mitarbeiter und Führungskräfte ihre Einschätzungen von Kollegen überprüfen lassen. Dieses Feedback-Tool kann nur funktionieren, wenn hierarchieunabhängig und ehrlich gesprochen und angenommen wird. Die Untersuchungsberichte unzähliger Firmen-Pleiten und Flugzeug-Crashs belegen, dass allein eine klare Kommunikation die Katastrophe schon hätte verhindern können. „Bei uns findet kein Start und keine Landung ohne ein kurzes aber effektives Briefing statt: Ablauf, Besonderheiten, Wetter, über all das müssen wir im Bilde sein.“ Bestandteil dieses Briefings ist auch der Plan „B“. Was passiert im Falle eines Triebwerksausfalls nach dem Start? Wann muss der Anflug abgebrochen werden? Piloten setzen sich hierfür vorab (!) ein klares „Gate“ – eine Mindesthöhe – an der ohne Zögern entschieden wird: Landen oder Durchstarten.

Schluss mit Autopilot

Ins Handeln kommen, alte Routinen durchbrechen, Neues wagen – darin besteht überhaupt die größte Herausforderung für Unternehmen. Piloten trainieren regelmäßig im Flugsimulator, um sich Schritt für Schritt zu verbessern. Eine klare Strategie, aus der Praxis für die Praxis, ist die beste Voraussetzung für ein kontinuierliches Change Management – auch am Boden!

Über den Autor:
Foto Philip KeilPhilip Keil zählt zu den außergewöhnlichsten Rednern auf dem Markt. Der erfahrene Berufspilot und Sachbuchautor überträgt das „Crew Resource Management“ aus dem Cockpit auf den Alltag von Führungskräften und Mitarbeitern. Er zeigt, wie diese hocheffektiven NASA-Strategien ihm 2009 das Leben gerettet haben und auch im Business sicher ans Ziel führen. Neben Vorträgen und Seminaren bietet er auch ein Manager-Training im Flugsimulator an.

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