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Sinnvolle Arbeit ist wichtiger als die Bezahlung

Eine sinnvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit, gute Bezahlung und die Sicherheit des Arbeitsplatzes sind die entscheidenden Kriterien für die Bindung von Arbeitnehmern an ein Unternehmen. Das hat eine Langzeitstudie am Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften der Fachhochschule Köln ergeben. Rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 30 mittelständischen deutschen Unternehmen wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren befragt. Danach würden rund Dreiviertel aller Beschäftigten auf jeden Fall oder mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal eine Tätigkeit beim derzeitigen Arbeitgeber anstreben. Allerdings behauptet fast jeder Dritte der Befragten, dass die Belegschaft sich nicht mit dem eigenen Unternehmen identifizieren kann.

Dr. Christian Ernst, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Berufsbildung und Personalführung am Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften, begleitet seit vielen Jahren Unternehmen bei der Organisationsentwicklung, von Mitarbeiter-Zufriedenheits-Befragungen bis hin zu Personalmanagement-Workshops. Für seine Langzeitstudie „Retention – Die Bindung von Fachkräften an den Arbeitgeber“ hat Ernst die Mitarbeiter-Befragungen der letzten sieben Jahre ausgewertet. Die grundlegende Frage der Untersuchung war: Was ist Menschen im Beruf besonders wichtig und damit eine virulente Quelle der Mitarbeiterbindung? Rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 30 mittelständischen Unternehmen des Profit- und Non-Profit-Bereichs haben an den Befragungen teilgenommen – im Durchschnitt rund 70 Prozent der Mitarbeiter pro Unternehmen. Befragt wurden vor allem Fachkräfte in kaufmännischen und technischen Berufen der deutschen, mittelständischen Wirtschaft sowie im Sozial- und Gesundheitswesen.

Die Hitliste der Zufriedenheitsfaktoren wird angeführt von einer angemessenen Tätigkeit, die sinnstiftend und abwechslungsreich ist. Rund 70 Prozent der Beschäftigten in Wirtschafts- und Non-Profit-Unternehmen nennen dies übereinstimmend als wichtigstes Merkmal der Zufriedenheit im Beruf. An zweiter und dritter Stelle stehen in Wirtschaftsunternehmen die Vergütung mit 60 Prozent und die Sicherheit des Arbeitsplatzes mit 52 Prozent. In sozialen und Gesundheitsberufen liegen die beiden Merkmale mit rund 50 Prozent gleichauf. „Die Top-3 sind im Zeitverlauf eine sehr stabile Größe bei den nicht-akademischen Berufen“, betont Prof. Dr. Christian Ernst. Als weitere Zufriedenheitsindikatoren gelten das unmittelbare Betriebsklima (37 Prozent Wirtschaft bzw. 44 Prozent Non-Profit), sowie Entscheidungsfreiräume bei der Arbeit (36 Prozent Wirtschaft bzw. 44 Prozent Non-Profit). Jeder Dritte (33 Prozent Wirtschaft bzw. 34 Prozent Non-Profit) nennt das Führungsverhalten des Vorgesetzten als wichtigen Faktor für die eigene Zufriedenheit.

„Die Ergebnisse der Studie dürfen jedoch nicht als Einbahnstraße gesehen werden“, sagt Professor Ernst. „Das Verhalten und die Leistung eines Mitarbeiters muss ein solches Klima natürlich rechtfertigen und darf nicht als alleinige Bringschuld des Unternehmens interpretiert werden. Zur Motivation gehören immer zwei: Ein Unternehmen, das motivieren will und kann, und ein Arbeitnehmer, der auch motivierbar ist und dies auch verdient hat.“

Auf die Frage nach Störfaktoren beklagen vor allem in den Wirtschaftsunternehmen knapp die Hälfte der Beschäftigten (48 Prozent) einen „Abteilungsegoismus“, der die abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit erschwert. Hier seien personalpolitische Methoden noch rar gesät, so Ernst. Überraschend ist für ihn auch die mit 41 Prozent hohe Angst vor Arbeitsplatzverlust im Non-Profit-Bereich (im Gegensatz zu 34 Prozent im Profit-Bereich). „Zufriedenheit, aber auch Ängste, sind gefühlte Größen und abhängig vom Konjunkturzyklus“, sagt Ernst. In konjunkturell schlechten Zeiten steigt die Arbeitsplatzsicherheit als Kriterium deutlich an, während die Vergütung als Merkmal sinkt.

In beiden Befragtengruppen gab fast jeder Dritte an, dass viele sich mit dem eigenen Unternehmen nicht identifizieren können (28 Prozent Wirtschaft bzw. 29 Prozent Non-Profit). Auch der relativ hohe Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Distanz und Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung wahrnehmen, deutet darauf hin, dass das Management Mitarbeiternähe vermissen lässt (38 Prozent Wirtschaft bzw. 30 Prozent Non-Profit). Als Störfaktoren bei der eigenen Arbeit werden in Wirtschaftsunternehmen von rund einem Drittel der Beschäftigten Arbeits- und Termindruck sowie die Arbeitsbelastung problematisiert. Hinzu kommen Störungen bei der Arbeit, fehlende Informationen sowie umständliche Arbeitsprozesse, die als verbesserungswürdig erachtet werden.

Die Langzeitstudie zeigt außerdem, dass über die Jahre hinweg insgesamt 75 Prozent aller Beschäftigten auf jeden Fall oder mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal eine Tätigkeit beim derzeitigen Arbeitgeber anstreben würden. Sechs Prozent der Mitarbeiter in Wirtschaftsunternehmen und elf Prozent in sozial-karitativen Unternehmen sind jedoch so unzufrieden, dass sie nicht noch einmal beim derzeitigen Arbeitgeber anfangen würden. Diese Gruppe wertet Prof. Dr. Christian Ernst als „Bodensatz der innerlich Gekündigten.“ Unternehmen sollten sich nach seiner Meinung mehr als bisher mit der Frage beschäftigen, wie sie sich als attraktiver Arbeitgeber nach innen wie außen positionieren können.“ Ernst empfiehlt vor allem im Sozial- und Gesundheitswesen das Human Resources Management weiter zu professionalisieren, da die zunehmende Fachkräfteknappheit in Pflegeberufen ein hohes Risiko für ein funktionierendes Gesundheitswesen darstellt.

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