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Schlüssel zur Industrie 4.0: Mittelstand braucht mehr Weiterbildung

Die digitale Kluft zwischen großen und kleineren Betrieben darf nicht zu groß werden. Insbesondere der Mittelstand sollte deshalb seine Belegschaften für den Schritt in die Industrie 4.0 weiterbilden und innovative Lernlösungen nutzen. Zu diesem Fazit kommen Expertinnen und Experten von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.

Der Schlüssel zu einem Plus an Arbeitsplätzen und guter Arbeit durch die Industrie 4.0 liegt in der Qualifizierung und Weiterbildung der Menschen. Hier sieht die acatech Expertengruppe unter Leitung von Michael ten Hompel Nachholbedarf: Die meisten der von ihnen befragten Unternehmen sehen zwar Industrie 4.0 als Chance, haben sie aber bislang selten in ihren Betrieben etabliert. Lediglich 9,7 Prozent verfügen über eine voll digitalisierte Produktion. Ebenso bieten insbesondere kleinere Unternehmen ihren Belegschaften selten spezifische Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Industrie 4.0: Jedes dritte große Unternehmen, aber nur jedes sechste mittelständische Unternehmen bietet spezifische Aus- und Weiterbildungsprogramme zur Industrie 4.0 an. Auch zwischen hoch- und niedrigqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern droht eine digitale Kluft. Industrie 4.0 bringt keine menschenleere Fabrik, sondern mehr Verantwortung für die Belegschaften, die komplexe Prozesse mithilfe digitaler Assistenten steuern. Dafür brauchen sie maßgeschneiderte Qualifizierungsangebote – Fortbildungen für Führungskräfte allein reichen nicht aus. Während für Führungskräfte digitale Lernpfade eine gute Möglichkeit sind, könnten Belegschaften mithilfe mobiler Endgeräte je nach aktuellem individuellem Bedarf mit Wissen versorgt werden.

„Qualifizierte Fachkräfte sind eine der wichtigsten Ressourcen des Wirtschaftsstandorts Deutschland“

Das BMBF unterstützt mit dem neuen KMU-Konzept „Vorfahrt für den Mittelstand“ auch die Qualifizierung und berufliche Weiterbildung für Beschäftigte in KMU. „Wir bieten den kleinen und mittleren Unternehmen gezielte Möglichkeiten, dringend benötigtes Personal zu gewinnen, und verbessern die Rahmenbedingungen. Qualifizierte Fachkräfte sind eine der wichtigsten Ressourcen des Wirtschaftsstandorts Deutschland“, sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Das ist angesichts der wachsenden Kluft zwischen KMU und Großunternehmen besonders wichtig. Zudem hat das BMBF 2016 ein Sonderprogramm für die digitale Ausstattung überbetrieblicher Ausbildungsstätten (ÜBS) gestartet. „Wir wollen erreichen, dass in der beruflichen Ausbildung digitale Kompetenzen stärker vermittelt werden. Wenn die Fachkräfte die erworbenen digitalen Fähigkeiten an ihrem Arbeitsplatz einbringen, hilft das den Unternehmen auch beim Thema Industrie 4.0“, so Wanka. Das Thema digitale Bildung wird laut Wanka auch im Fokus des nächsten IT-Gipfels stehen. 60 Prozent der befragten Unternehmen wollen die Datenauswertung und -analyse stärken und knapp 54 Prozent das Prozessmanagement verbessern. Fortbildungen müssen also insbesondere diese Kompetenzen stärken. Ebenso sehen die befragten Unternehmen interdisziplinäres Denken und Handeln als unverzichtbares Rüstzeug für das digitale Zeitalter. Bereichsübergreifendes Prozess-Knowhow und Führungskompetenzen sind ebenfalls zentrale Fortbildungsthemen. „Qualifizierung wird zu einer zentralen strategischen Aufgabe in den Betrieben. Die Digitalisierung vergrößert nicht nur den Weiterbildungsbedarf, sondern gibt uns auch innovative Lehr-Lern-Lösungen wie Online-Kurse und individuelle mobile Assistenten – wir müssen sie nur nutzen“, sagt Michael ten Hompel, Projekteiter und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik.

Lebenslanges Lernen und Fortbilden werden wichtiger

Obwohl gerade Online-Tools neue Inhalte rasch und kostengünstig zugänglich machen, nutzen nur knapp 37 Prozent der großen und 18 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen E-Learning-Programme, Wikis oder Online-Kurse. Lebenslanges Lernen und Fortbildung werden wichtiger. Zudem ist es von großer Bedeutung, neue auch experimentelle Wege in der Weiterbildung zu gehen und die Wissensvermittlung noch stärker in die betriebliche Praxis zu integrieren, etwa als Training on the job. Die Expertengruppe von acatech identifiziert und analysiert den Qualifizierungsbedarf insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen. Für ihre Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 hat sie 345 deutsche Unternehmen online befragt und begleitende Interviews mit Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft geführt. Auf der Grundlage der Zwischenergebnisse hat die Projektgruppe einen Demonstrator für die Online-Qualifizierung entwickelt. Dieser zeigt mediendidaktische Grundlagen und bietet sogenannte Wissensnuggets für die Industrie 4.0. Informationen zum Konzept der digitalen Wissensvermittlung unter: www.iml.fraunhofer.de/.

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