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Mindestlohn: Software-Hersteller kritisiert Geschäftsführer-Haftung

Das Mindestlohngesetz (den vollständigen Gesetzestext finden Sie HIER) zieht zwei Monate nach seinem Inkrafttreten weitreichende Konsequenzen nach sich. Jetzt meldet sich mit Sage Software einer der führenden Hersteller betriebswirtschaftlicher Software zu Wort. Deren CFO Dr. Thomas Scholtis warnt deutlich vor einem drohenden Dokumentationswahn, belasteten Kundenbeziehungen und dem hohen bürokratischen Aufwand den dieser Passus im Gesetz verursacht.

„Ich möchte nicht das Gesetz an sich kritisieren“, stellt Scholtis vorneweg klar. „Aber eine kleine Passage in dem Gesetz löst gerade immense wirtschaftliche Folgen aus“, warnt er. Hintergrund: Im Gesetz heißt es, dass Unternehmer sicherstellen müssen, dass Dienstleister und Subunternehmer Mindestlohn zahlen. Aufgrund des weiten Wortlauts ist aber leider nicht klar, was den Gerichten und Behörden in Zukunft reicht, um zu belegen, dass man nichts davon wusste und wissen konnte, wenn ein Vertragspartner gegen das Gesetz verstößt. „Auch bei uns melden sich die ersten aus diesem Grund verunsicherten Unternehmen“, berichtet Markus Kleffner, Arbeitsrechtexperte von Kleffner Rechtsanwälte. „Es war zu erwarten, dass viele Unternehmen erst später wach und sich der Konsequenzen bewusst werden.“

Belastete Kundenbeziehungen

„Die meisten Rechtsbeistände raten zu größtmöglichen Vorsichtsmaßnahmen, um sich als Unternehmen abzusichern“, weiß Sage Syndicus-Anwalt Nicolas Hamers. Er beschäftigt sich mit den aktuellen Anfragen im Softwarehaus. „Da ist eine Welle losgetreten worden, die wertvolle Ressourcen binden wird, die damit der Wertschöpfung entzogen werden. Denn Auftraggeber verlangen jetzt nicht nur eine umfangreiche und teure Dokumentation der Arbeitszeiten und Löhne, sondern auch eine regelmäßige Prüfung. Unsere Kunden möchten uns regelmäßig prüfen, Sage soll sich selbst regelmäßig prüfen und seine Dienstleister. Es ist zu erwarten, dass die entstehenden Kosten auf Produkte und Dienstleistungen umgelegt werden“, führt Hamers aus.

Konflikte sind programmiert

Was diese Forderungen nach Vertragsänderungen, Dokumentation und Audits für die Kundenbeziehungen bedeuten kann, erläutert der Jurist anhand eines Beispiels: „Ein großer Konzern beispielsweise aus der Automobilbranche will jetzt jegliches Haftungsrisiko ausschließen. Also legt er all seinen Dienstleistern weitreichende Vertragsänderungen vor – inklusive Sonderkündigungsrecht, wenn sie diese verletzen. Der wirtschaftlich abhängige Dienstleister kann nicht anders, als diese zu unterzeichnen. Um den Vertrag nicht zu verletzten und seine Existenz nicht zu gefährden, muss er diese Vertragsänderungen an seine Subunternehmer weiter reichen und dort die geforderten Audits durchführen. Die Kettenreaktion startet und damit beginnen auch die Auseinandersetzungen, denn spätestens wenn der veränderte Vertrag wieder einen Konzern in der Kette der Zulieferer erreicht, wird er nicht so leicht unterzeichnet.“

Software-Hersteller schlägt Alarm

Diese Misere kritisiert auch Scholtis: „Ich fürchte hier läuft gerade eine riesige Kettenreaktion. Jedes Unternehmen will sich absichern, dass der Dienstleister Mindestlohn zahlt. Eine schriftliche Zusicherung reicht vielen nicht. Aus Unternehmenssicht ist es nicht akzeptabel, wie viele Ressourcen dieses Gesetz bereits bindet. Noch schlimmer wird es, wenn sich alle dem Druck der Unsicherheit beugen und einen teuren Dokumentationswahn auslösen. Die Politik hat die Unternehmer mit dem Thema allein gelassen. Es besteht dringender Handlungsbedarf.“

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