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Europa: Das Tauziehen um die Macht beginnt

Europa hat gewählt, und gleich zwei Prognosen haben sich nicht in der erwarteten Form erfüllt. Zum Einen war die Wahlbeteiligung mit rund 43 Prozent deutlich höher, als dies von den Meinungsforschern geschätzt wurde. Dies ist zwar kein wirklicher Anstieg zur Wahl im Jahr 2009, aber zumindest wurde der Abwärtstrend bei der Wahlbeteiligung gestoppt. Auch die befürchtete Invasion europafeindlicher Parteien im Straßburger Parlament ist ausgeblieben. Von einigen Außreissern wie Frankreich (Marine Le Pen mit 25 Prozent) und Großbritannien (Ukip mit 28 Prozent) abgesehen ist das ganz große Debakel zum Glück ausgeblieben. Letztlich vereinen alle im weitesten Sinne euro-skeptische Parteien weniger als hundert der 751 Parlamentssitze auf sich. Das ist gut für Europa und gut für den Mittelstand, denn nur ein geeintes Europa mit einer gemeinsamen Währung bietet langfristig gute Chancen für alle Länder und eine starke Position auf den globalen Märkten.

Deutlich beunruhigender stellt sich das Machtgerangel um den zukünftigen EU-Kommissionspräsidenten dar. Dabei hatte man doch versprochen, dass die europäischen Wähler diesmal selber entscheiden, wer neuer Kommissionspräsident wird. Leztlich müssen die Staatschefs der Mitgliedsländer gemäß Lissabonner Vertrag einen Kandidaten für den Kommissionsvorsitz vorschlagen, den das Parlament dann anschließend wählt – oder auch nicht. Bei ihrem Vorschlag müssen die Regierungen das Ergebnis der Wahl lediglich „berücksichtigen“, bindend ist es nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits signalisiert, dass Sie sich nicht auf den Gewinner der Wahl – Jean-Claude Juncker – festlegen lassen möchte.

Wer am Ende neuer Kommissionspräsident wird und wer die übrigen Spitzenposten der EU besetzt, die neu vergeben werden, wird frühestens Ende Juni feststehen – vielleicht auch erst viel später. Klar ist schon jetzt: Sollten sich die Mitgliedsländer über das Votum der Bürger hinwegsetzen, wird dies weder dem Ansehen der Politik noch der Einigung Europas zugute kommen. Für den Bürger wäre einmal mehr bewiesen, dass seine Stimme eben letztlich doch nicht zählt. Und auch vor dem Hintergrund des geplanten Freihandelsabkommens mit den USA würde sich ein langes Machtgerangel äußerst negativ auswirken, denn je näher die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen rücken, um so schwieriger wird eine Einigung werden. Schon jetzt gehen Experten nicht mehr von einer Einigung nach Plan bis spätestens Anfang 2015 aus.

Hoffen wir also im Sinne von Europa, dass uns lange Kämpfe um die Macht erspart bleiben und statt dessen Transparenz und Wählervotum siegen.

Ihr Achim von Michel
Herausgeber mittelstandinbayern.de und Landesbeauftragter des BVMW Bayern

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