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Ernst&Young: Deutschland für Chinesen beliebtestes Investitionsziel in Europa

Deutschland wird bei chinesischen Investoren immer beliebter: 2014 führten chinesische Unternehmen 36 Unternehmenskäufe in Deutschland durch. Damit war Deutschland für chinesische Investoren das mit Abstand attraktivste Investitionsland in Europa. Auf Platz Zwei folgt Großbritannien mit 26 Transaktionen. Ein Jahr zuvor war der Abstand deutlich knapper, als sich Chinesen bei 28 Unternehmen in Deutschland und bei 26 Unternehmen in Großbritannien eingekauft haben.

Großbritannien steht bereits seit Jahren hoch in der Gunst chinesischer Investoren, Deutschland hat der Insel inzwischen aber den Rang abgelaufen. Noch im Jahr 2009 wechselten lediglich zwei deutsche Unternehmen in chinesische Hände, seitdem legten die M&A-Aktivitäten chinesischer Investoren in Deutschland massiv zu. Hinter Deutschland und Großbritannien folgten im vergangenen Jahr erst mit deutlichem Abstand Frankreich (13), Italien (11) sowie Spanien und die Niederlande (jeweils 10) als Zielländer.

Chinesische Unternehmen waren im vergangenen Jahr der sechstgrößte Investor in Deutschland und der zweitgrößte außereuropäische Investor – hinter den USA, die sich mit 159 Transaktionen in Deutschland bei weitem am stärksten engagiert haben. Zweitgrößter Investor in Deutschland war das Nachbarland Schweiz mit 70 M&A-Transaktionen, gefolgt von Großbritannien (62). Insgesamt haben sich ausländische Investoren an 685 deutschen Unternehmen beteiligt oder sie akquiriert – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als 569 derartige Transaktionen gezählt wurden. Das sind Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY.

Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz, sieht vor allem drei Gründe für das deutlich gestiegene Interesse chinesischer Unternehmen an Deutschland: „Die neue chinesische Regierung will den Expansionskurs chinesischer Unternehmen im Ausland weiter fördern, um deren Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt zu erhöhen. In Deutschland erhalten chinesische Unternehmen Zugang zu der entsprechenden Technologie. Gleichzeitig sind sie hier nah dran an wichtigen Global Playern, gerade im Automobilsektor und im Maschinenbau. Und Zukäufe in Deutschland helfen bei der Internationalisierungsstrategie. Weiterhin gibt es in verschiedenen Bereichen des chinesischen Binnenmarktes Überkapazitäten. Einige chinesische Unternehmen, insbesondere Staatsunternehmen, haben sich daher entschlossen, ihre Wertschöpfungskette zu verlängern. Eine Akquisition im Ausland bietet häufig eine gute Möglichkeit, ein solches Geschäftsfeld aufzubauen. Gerade in Deutschland gibt es viele mittelständische Unternehmen, die in den relevanten Bereichen tätig sind.“

Doch auch das Interesse an Europa insgesamt ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen – trotz der Finanzkrise und der europäischen Schulden- und Konjunkturkrise. 2004 wurden europaweit gerade einmal 34 Transaktionen von chinesischen Unternehmen gezählt – bei sieben davon waren deutsche Firmen das Übernahmeziel. Im Vorkrisenjahr 2007 führten chinesische Investoren insgesamt 51 M&A-Transaktionen in Europa durch (5 davon in Deutschland). Seitdem hat sich die Zahl der Transaktionen in Europa mehr als verdreifacht auf inzwischen 163 (Vorjahr 135).

Investoren aus Fernost schätzen Industrieunternehmen

Die meisten M&A-Deals chinesischer Unternehmen in Deutschland zielten im vergangenen Jahr auf die Industrie (11) bzw. auf die Automobilindustrie (8). Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Technologiefirmen.

Je nach Markt setzen die chinesischen Investoren unterschiedliche Schwerpunkte. In Großbritannien wählten chinesische Unternehmen vier Mal ein Immobilienunternehmen als Übernahmeziel. Zwei Mal standen Energie-Unternehmen auf der Einkaufsliste. In Frankreich konzentrierten sich chinesische Investoren vor allem auf Hotels (4).

„Dass die Zahl der Transaktionen in Deutschland im vergangenen Jahr weiter gestiegen ist, ist sicherlich auch auf die zunehmende Professionalisierung der chinesischen Unternehmen in Bieterprozessen zurückzuführen, beobachtet Alexander Kron, Leiter des Bereiches Transaktionsberatung bei EY. „Einzelne unserer chinesischen Kunden haben schon die dritte Akquisition in Deutschland erfolgreich durchgeführt“, ergänzt Sun. „Solche Mehrfachakquisitionen werden wir künftig häufiger sehen.“

Einige chinesischen Unternehmen, die bereits in Deutschland investiert haben, gehören zu Großkonzernen mit mehr als 30 Tochtergesellschaften in China. „Die positiven Erfahrungen, die mit den bisherigen Investitionen in Deutschland gemacht wurden, werden den Mutterkonzern und die anderen Tochtergesellschaften zu weiteren Akquisitionen in Deutschland ermutigen“, erwartet Sun.

Kron betont zudem die Vorteile für Deutschland bei den Deals: „Die meisten Investoren wollen hier neue Kunden erschließen und von Deutschland lernen. Der von vielen gefürchtete ‚Brain Drain‘ ist weitgehend ausgeblieben, weil auch die chinesischen Unternehmer wissen, dass Qualität im weltweiten Wettbewerb ein schlagendes Verkaufsargument ist – und „Made in Germany“ genau dafür steht. Bei vielen Deals haben sie darüber hinaus weitgehende Zugeständnisse an die Belegschaften gemacht – beispielsweise mit Arbeitsplatzgarantien.“ Einige der übernommenen deutschen Unternehmen befanden sich zuvor in einer wirtschaftlichen Schieflage oder wurden aus einer Insolvenz heraus gekauft – hier kamen die chinesischen Investoren also „als Retter in der Not“, so Kron.

Hier geht es zur EY Studie: Chinesische Unternehmenskäufe in Europa

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