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Energiewende: Schneller Netzausbau oder Strompreisgrenze zu Österreich?

Politik und Wirtschaft sind auf der Suche nach Lösungen für die Versorgungssicherheit in Deutschland

Im Norden von Deutschland gibt es zu viel Strom und im Süden zu wenig. Die Stromnetze sind mit dem Transport überlastet. Da liegt die Lösung ja eigentlich auf der Hand. Zumindest für die norddeutschen und bayerischen IHKs. Sie fordern einen schnellen Netzausbau. Nur mit dem Windstrom aus dem Norden kann laut den IHKs die Versorgungssicherheit in Bayern gewährleistet werden. Doch die Politik ist weiter auf der Suche nach anderen Lösungen für das Problem. Bei einem Parlamentarischen Abend in Berlin an dem die IHK Nord, der Zusammenschluss von 13 norddeutschen Industrie-und Handelskammern, und der bayerische Industrie-und Handelskammertag, die Dachorganisation der neun bayerischen IHKs, fand Fritz Melsheimer, Vorsitzender der IHK Nord und Präses der Handelskammer Hamburg, klare Worte: „Der Netzausbau entwickelt sich zunehmend zum Flaschenhals der Energiewende, da er mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht Schritt halten kann.“ Damit spielt Melsheimer auf die deutschen Stromnetze an, die auf den Abtransport der großen Menge an Windenenergie von Norden nach Süden nicht ausgelegt sind. Immer öfter müssen die norddeutschen Netzbetreiber die Windenergieanlagen abregeln, um eine Überlastung zu vermeiden. Dieser Strom könnte laut Melsheimer einen wichtigen Beitrag zur Versorgung in Süddeutschland leisten. Und auch in anderen EU-Ländern gibt es Unmut über die Engpässe in Deutschland, denn diese müssen mit kostspieligen Netzstabilisierungen gegensteuern.

Eine Strompreisgrenze zu Österreich als Lösungsvorschlag

Die Politik hat jedoch eigene Ideen zur Lösung des Problems. Die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (kurz: ACER) veröffentlichte vergangenen Mittwoch die Empfehlung, zwischen Deutschland und Österreich eine Strompreisgrenze zu errichten. Bereits seit 2001 besteht eine gemeinsame Preiszone zwischen Deutschland und Österreich mit einem einheitlichen Stromgroßhandelspreis. Jetzt müsse laut ACER jedoch der bislang freie Stromaustausch eingeschränkt werden, weil der Stromüberschuss aus Norddeutschland sonst das europäische Leistungsnetz, vor allem in Polen und Tschechien, zu überlasten drohe.

Hintergrund für diesen Vorschlag ist eine Beschwerde der polnischen Netzbetreiber. Durch die große Menge an Ökostrom aus Norddeutschland kommen die deutschen Stromnetze an ihre Grenzen, was wiederum oftmals zu einer Ausweichung auf ausländische Stromnetze führt. Der Strom fließt durch die Netze von Polen und Tschechien nach Süden, in Richtung Bayern und Österreich. Dort sind die heimischen Netzbetreiber jedoch wenig erfreut über den Stromüberschuss aus Deutschland. Oft werden die heimischen Kraftwerke aufgrund des billigen deutschen Ökostroms unrentabel.

Kritik kommt aus Österreich und Deutschland

Zu der Idee von ACER gibt es jedoch einige Kritikpunkte. Nach Europarecht müsste nämlich eigentlich die Strompreisgrenze dort eingerichtet werden, wo der Engpass besteht. Und das ist bekanntermaßen mitten in Deutschland – zwischen Bayern/ Baden-Württemberg und Norddeutschland. Doch das würde zu einem Spottpreis für Strom im Norden und Luxus-Preisen im Süden führen. Politisch wohl kaum durchsetzbar. Darum also wurde die Grenze in Richtung Österreich verlegt. Eine Abschottung des Strommarktes würde nun in Österreich zu Preissteigerungen führen, wobei zwischen Deutschland und Österreich eigentlich genügend Stromleitungen bestehen. Die österreichischen Energiepolitiker und Unternehmer kritisierten den Vorschlag deshalb scharf. Wolfgang Anzengruber, der Chef des führenden österreichischen Energieunternehmer Verbundes, bezeichnete eine Schließung der Grenze in der Wiener Presse als „skurril und dumm“.

Dr. Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages, schloss sich dem beim Parlamentarischen Abend der IHKs an und nannte den Vorschlag einen „Rückschritt für den europäischen Strombinnenmarkt“. „Um sicheren, bezahlbaren und umweltverträglichen Strom zu gewährleisten, muss die einheitliche Preiszone Deutschland-Österreich erhalten bleiben. Schon heute hat Deutschland die vierthöchsten Industriestrompreise in der EU. Die Industrie kann die Energiewende nicht weiter zu Lasten ihrer Wettbewerbsfähigkeit schultern.“, so Sasse weiter. Darin bestätigt ihn auch das aktuelle IHK-Barometer. Im Barometer heißt es, für die deutsche Wirtschaft sei der Netzausbau die wichtigste politische Maßnahme, um eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung zu gewährleisten. Während in Deutschland jedes fünfte Unternehmen von Stromausfällen berichtet, ist es in Bayern jedes vierte.

In der Broschüre „Netzausbau für die Energiewende“ informieren IHK Nord und BIHK über die Notwendigkeit des Stromnetzausbaus und fordern dessen rasche Fortführung. Die Broschüre steht unter HIER zum Download bereit.

Autorin: Antonia Franz

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