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China 2015 – ein schwieriges Jahr (Teil 2 von 2)

In seinem 2-teiligen Artikel stellt Rainer Kordes seine Sichtweise der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas 2015 sowie der möglichen Rahmenbedingungen 2020 für Unternehmen aus der DACH Region dar.

China 2020: Eine neue Messlatte für den Erfolg

In den 90er Jahren war es relativ einfach, als ausländisches Unternehmen erfolgreich zu sein . Wer jetzt noch in China einsteigen und im Jahre 2020 erfolgreich sein will, muß alles richtig machen, über Ressourcen verfügen und dann auch noch Glück haben.

Wie werden die Rahmenbedingungen aussehen?
Es gibt wie für alles Szenarien, wie die Wirtschaft Chinas sich in den kommenden Jahren entwickeln könnte.

Werden Reformen rasch, umfassend und erfolgreich durchgezogen, ist Wachstum von 6% pro Jahr bis 2020 möglich, so übereinstimmende Schätzungen von Weltbank und chinesischer Behörden. Doch mit der Aussicht, als schlechteste Jahr für die Wirtschaft Chinas seit 1990 in die Geschichte einzugehen, wird 2015 auch ein Testjahr für die Loyalität der Gesellschaft und die Belastbarkeit der „sozialen Harmonie“. Greifen die Reformen nicht, oder werden sie aus obigen Gründen verschoben oder nur rudimentär realisiert sein, sehen die Szenarien ein Wachstum von nur 1-3 % vor. Zunehmende Arbeiterproteste, eine Bankrottwelle, weitere Kapitalflucht sowie Arbeitsplätze für nur rund 1.6 Mio der 10 Mio. Arbeitssuchenden wären die Folge.

Es sieht momentan nicht danach aus, dass es der Partei unter Xi Jiping gelingt, die Reformen 2015 weit voranzutreiben und Vertrauen aufzubauen. Die im Sinne von Xi Jinping laufende Säuberung hat nicht nur bereits 100.000 Parteikadern den Job oder zum Teil ihre Existenz gekostet, sondern trägt zur Verunsicherung aller Schichten bei. Ein System, das Parteimitglieder wegen Euro 100 Geschäftseinladungen anprangert, ist nicht gerade auf Motivationskurs.

Viele Unternehmer und Gemeinden scheuen Investitionsentscheidungen, um nicht in den Verdacht von Korruption zu fallen. In der Wirtschaft hat dies zu einer Entscheidungslähmung vieler Projekte geführt. Eine Folge wird sein, dass Entscheider nur mit den ihnen am vertrautesten Unternehmen zusammenarbeiten, langjährige Beziehungen also noch eine größere Rolle spielen werden als zuvor.

Es ist natürlich unmöglich, die langfristige politische Entwicklung Chinas vorauszusehen. Man sollte sich aber zumindest mit Szenarios befassen. Ein friedlicher Übergang zu einem demokratischen System wie in Taiwan , das heißt ein freiwilliger Verzicht der KP auf die Monopolstellung, ist nicht zu erwarten. Xi Jinping wird sich nicht davon abhalten lassen, die Partei und das Land mit allen Mitteln, fairen und unfairen, an die Spitze der Welt zu führen. Die Einsicht, dass eine Demokratie schwierige Jahre besser meistert, hat sich in der KP noch nicht durchgesetzt. Allerdings: mit der zunehmenden Verflechtung Chinas in der Weltwirtschaft und einem Mittelstand mit einer Stärke von 400 Mio Einwohnern bis zum Jahre 2020 sind Zugeständnisse – wie mehr Partizipation an Entscheidungen auf Gemeindeebene sowie ein faireres Justizsystem – nicht unrealistisch.

Ein Zusammenbruch des Finanzsystems, länger anhaltende Arbeiterunruhen, eine Revolte innerhalb der Partei (nach meiner Meinung das größte Risiko), das alles noch zeitlich zusammenfallend mit einer außenpolitischen Schlappe, können das Land rasch destabilisieren. Das Risiko dazu ist dann groß, wenn auch der Mittelstand radikale Veränderungen unterstützt. Danach sieht es aber nicht aus. Der Mittelstand zeigt zwar wenig Vertrauen in und Loyalität zur Partei, hegt aber noch keine überbordenden politischen Ambitionen und konzentriert sich darauf, das Erreichte abzusichern.

Das wahrscheinlichste Szenario ist der jetzige Trend zu einem relativ wohlwollenden, aber legalistischen und autoritären Herrschaftssystem. (Xi selber ist Anhänger der Legalisten der Han Dynastie, auch wenn er sich konfuzianisch gibt). Ob er sich durchsetzen wird, wird sich in den kommenden 12 Monaten zeigen.
Wirtschafts-und geopolitische Konflikte werden zunehmen. Wer mit China auf Kuschelkurs geht, wird nicht ernst genommen und / oder ausgebeutet.

Worauf muss ich mich als Unternehmer 2020 einstellen ?

Keine Sorge, wenn Sie nicht nach China gehen wollen: China kommt zu Ihnen. Chinesische Unternehmen werden stark im globalen Wettbewerb mitmischen. Wie ich mich als Unternehmen auf China 2020 vorbereite und eventuelle für meine Zwecke nutze , hängt von der Branche, meinen Ressourcen und der bis dahin erreichten Marktpositionierung ab. Generell gilt:

  • Das Land selbst wird für ausländische Unternehmen weiter schwer planbar bleiben. Selbst hoch professionelle Unternehmen stellen immer wieder fest, das allein zeitliche Ziele durchaus mit einem Faktor 2-4 multipliziert werden müssen.
  • Einige Wachstumsbereiche wurden erwähnt, doch bedeuten sie nicht automatisch einen großen Markt für ausländische Unternehmen. Wo das große Geld liegt, greifen lokale Unternehmen rasch zu. Nischen für neue Technologien, Konzepte und Kompetenzen tun sich dagegen in vielen Branchen immer wieder auf, doch ihre Öffnungszeiten werden immer kürzer.
  • Das Land wird nur mit einem hohen Aufwand an Ressourcen und Geduld zu meistern ist, egal für welches Eintrittskonzept man sich entscheidet. Mit Besserwissen und einer Geiz-ist-Geil Philosophie hat man in China keine Chance.
  • Ein langsames Herantasten an das savoir faire in China kann man sich im Gegensatz zu früher in der Regel auch nicht mehr leisten. Betulichkeit wird in China sofort bestraft. Viele ausländische Unternehmen scheitern deshalb nicht am Markt, sondern an sich selbst.
  • Klein aber fein war und bleibt ein Erfolgskonzept. In China unter dem Radar der Politik zu bleiben und sich auf eine hochwertige Nische zu konzentrieren ist nicht ungesund. Für die meisten Mittelständler dürfte Export oder die Ausstattung ihrer internationalen Kunden in China nach wie vor das Beste sein. Mehr Eigeninitiative in Vermarktung könnte allerdings in vielen Fällen viel mehr Potential heben.
  • Wer sich auf den Export von Komponenten beschränkt, befindet sich am Ende der Nahrungskette und ist angreifbar, je nach Distanz zu den Verfolgern. Und zu ihnen zählen zunehmend chinesische Unternehmen.
  • Betreiberkonzepte mit Teilfinanzierung, eigener Kerntechnologie und oder Kernkompetenzen bieten eine weitaus bessere Marktbarriere, Potential liegt z.B. in Umwelt , Logistik und Bildung.
  • Die zunehmende Schere bei der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den Regionen und den Ballungszentren macht eine regionale oder sogar punktuelle Markterschließung unumgänglich, vor allem bei Konsumgütern. Auch für einen Produktionsstandort empfehlen sich die „etablierten“ Standorte.
  • In eine Fertigung zu investieren ist riskanter als noch vor 15 oder 20 Jahren. Aufbau und Führung des Unternehmens binden erhebliche Ressourcen. Motivierte, qualifizierte und effektive Mitarbeiter sind immer schwerer zu finden und bereits auf dem Gehaltsniveau ihrer Kollegen in Spanien oder Italien. Die zu Grunde liegenden Szenarien oder Aufträge können sich ändern. Aber anders als früher kann man Fehler kaum mehr ausbügeln. Kostenvorteile werden nicht mehr erzielt, das heißt eine Investition ist zum Erfolg in China verdammt. Export in andere Regionen Asiens lässt sich von Europa genauso gut erledigen. Der ROI sinkt, der lokale Wettbewerb wird meist unterschätzt.
  • „Made in Germany“ ist künftig keine automatische Grünschaltung auf Erfolg in China.. Aber der chinesische Konsument akzeptiert ein vernünftiges Preis-/Leistungsverhältnis. So finden lokale Marken im mittleren Preissegment (Mode, Haushaltsgeräte, Möbel, Küchen) zunehmend Akzeptanz in der Mittelschicht. Nach meiner eigenen Erfahrung halten chinesische Haushaltsprodukte und Möbel in diesem Qualitätssegment genauso lang wie deutsche.
  • Wer die Chance hat, sollte die Wirtschaftslage nutzen und auf Firmenakquise gehen. Die Beteiligung an einem chinesischen Unternehmen muss nicht teurer kommen als ein eigener Einstieg und bietet die beste und oft einzige Möglichkeit, den Markt mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und gleichzeitig die globale Positionierung zu sichern.

In der jetzigen Phase nach China zu gehen, bedeutet, sich in einer ähnlichen Position zu befinden wie ein chinesisches Unternehmen, das versucht in Europa Fuß zu fassen. Ein Grund mehr, über strategische Partnerschaft nachzudenken, die beiden zu Gute kommt. Eine strategische Partnerschaft wird auch eine Frage des Überlebens einiger Branchenvertreter im globalen Ozean werden. 2020 werden nicht Patentanfechtungen oder Technologieklau auf der Tagesordnung stehen, sondern eher wie Sie Ihren Platz in der Champions League halten können. Nach Telekommunikation, Solar und Haushaltsgeräten werden Maschinenbau, Fördertechnologie, Robotics, oder Automotive die nächsten Schauplätze harten globalen Wettbewerbes. 2020 werden wir auch mehr chinesische Konsummarken sehen- oder bekannte europäische Marken unter einem chinesischen Investor.

Über den Autor:
kordesRainer Kordes ist seit 1992 beruflich mit Asien verbunden und war zwischen 1995 und 2010 in Führungspositionen mit Sitz in China und Singapur tätig.
Seit Anfang 2011 unterstützt die KORDES Strategy Advisors Unternehmen bei der Geschäftsentwicklung in China sowie bei Führungs- und Restrukturierungsthemen. Weitere Informationen: www.kordes-sa.com

Bildnachweis: FotoHiero, pixelio.de

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