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China 2015 – ein schwieriges Jahr (Teil 1 von 2)

In seinem 2-teiligen Artikel stellt Rainer Kordes seine Sichtweise der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas 2015 sowie der möglichen Rahmenbedingungen 2020 für Unternehmen aus der DACH Region dar.

China startet ins Neue Jahr mit einem Rückgang von 10% in Immobilienverkäufen, mit Insolvenzen in der Schwerindustrie und mit einer an den Märkten beunruhigenden Spielsucht. Vieles spricht dafür, daß die Volkswirtschaft Chinas 2014 um weniger als 5% wuchs. Aber in einem riesigen sich entwickelnden Land sind Zahlen „gestimation“. Relevanter sind die strukturellen Veränderungen und branchenspezifischen Entwicklungen. Stromverbrauch ist ein guter Indikator für die Wirtschaftsleistung, da er im Mittel um die Wachstumsraten oszilliert: er legte per November 2014 um 3.8 % (i.Vgl zum Vorjahreszeitraum), der niedrigste Anstieg seit 15 Jahren.

Den größten Negativposten verzeichnete 2014 die Immobilienindustrie. Ein Minus von 10% beim Verkauf von Immobilien. Sie zieht verbundene Branchen , die zusammen 25% der Wirtschaftsleistung ausmachen, nach unten. Der Stahlverbrauch sank, Bau und Möbelindustrie stagnierten. Letztere konnten immerhin noch von Projekten aus dem Vorjahr profitieren.

Selbst in der Autoindustrie wird ein Nullwachstum erwartet, weil vor allem die lokalen Marken einbrechen und rund 3% Marktanteil an die ausländischen Konkurrenten verlieren. Die in mehr und mehr Ballungszentren eingeführten Beschränkungen bei der Erstzulassung von KFZ trifft sie besonders hart, da der Erwerb der Zulassung durch Lotterie und Auktion betuchte Käufer begünstigt. Auch im Zweitmarkt sind lokale Marken stark benachteiligt.

Konsum soll laut den Plänen der Regierung Staatsinvestitionen als größter Wirtschaftstreiber ablösen. In der Tat trägt Konsum bereits 50% am Wachstum bei. Doch auch viele Konsummarken berichteten Umsatzrückgänge von bis zu 13% im 3.Quartal ! Das Luxussegment brach ein, da mit den Beamtem rund die Hälfte der Kundschaft weg fällt.

Insgesamt wuchs das Konsumsegment langsamer als noch 2013. Immerhin wächst es noch. E-commerce entwickelt sich weiterhin überproportional und zu Lasten klassischer Einkaufszentren. Der führende Immobilienkonzern Wanda und alteingesessene Marken wie Orient Parksson (Malaysia) trennen sich von mehreren ihrer shopping malls.

Dienstleistungen trugen 2014 am meisten zum Wirtschaftswachstum bei. Neben Internet-basierten Geschäftsmodellen oder der Reisebranche profitiert vor allem die Finanzbranche von der seit 2008 expansiv betriebenen Geldpolitik.

Chinas Geldmenge stieg von 7 Billionen USD 2008 auf 20 Billionen , ein Zuwachs, der den der restlichen Welt übertrifft. Doch wegen der immer schlechteren Kapitaleffizienz ist selbst diese Geldmenge ist nicht in der Lage, die Realwirtschaft weiter anzukurbeln. Nach Schätzungen liegt der Grad der Verschwendung der staatlichen Investitionen bei 35-50% ! Um 1 Dollar zu investieren, muss China inzwischen 3 USD an Kapital bereitstellen. Dazu gehören auch Subventionen staatlicher und großer privater Unternehmen. Viele Unternehmen basieren ihre Geschäftspläne auf zu erwartende Subsidien, die die operativen Gewinne übertreffen oder ganz ersetzen.

Nicht nur Subventionen, sondern auch Erwerb von Land ist das eigentliche Ziel mancher Investition in Produktion. Operative Gewinne rücken dann zu Lasten der Branche in den Hintergrund der Aufmerksamkeit. Ein Beispiel: 2015 sollen weitere 1 Mio M3 an Kapazitäten für OSB Platten auf den Markt kommen, obschon die Industrie schon 2014 kaum Gewinn erzielte.

Der „illegale“ (heißt nicht vom Staat kontrollierte ) Kapitalabfluss ins Ausland wird auf bis zu 3 Billionen USD geschätzt, was der Höhe der Devisenreserven Chinas entspricht. Wer nicht spart und auch kein Apartment in Australien kaufen kann als „escape route“, der spielt an der Börse. Chinesen leihen sich Geld um an den Börsen zu spielen. Die Durchschnittszeit beträgt nur 2 Wochen (UDSA: 4 Monate) , und innerhalb von Minuten werden Totalverluste eingefahren. Die Handelsvolumina sind höher als die der gesamten restlichen Handelswelt.

China 2015 : Ein Jahr großer Unsicherheit

Wir gehen 2015 von einer weiteren Abschwächung des Wirtschaftswachstums im Vergleich zu 2014 aus.
Die Bau-und Möbelindustrie wird erst 2015 die vollen Auswirkungen der Kontraktion im Immobiliensegment spüren. Der Schuldendienst wird durch die sinkenden Immobilienpreise und damit verbundene Neubewertung der Hypotheken mehr belastet, immerhin wurden 40% aller Anleihen auf Hypotheken vergeben.
Eine Zeitbombe sind Unternehmen, staatliche wie private, in der Schwerindustrie. Oft in der Nähe der Rohstoffe gelegen, sind sie Haupternährer strukturschwacher Regionen. Der kürzliche Konkurs der HighSea Steel in der Provinz Shanxi zeigt, dass die Angst der Partei vor einer schonungslosen Reform berechtigt ist. Highsea ist mit 1.6 Mrd USD verschuldet und liefert 60% der Einnahmen der 400,000 Seelen Gemeinde. Das Unternehmen ist seit 2011 praktisch nicht mehr lebensfähig, wurde aber von der Gemeinde künstlich am Leben erhalten. Dazu kommt, dass Landauktionen der Gemeinden an Projektentwickler 2014 drastisch sanken, die daraus resultierenden Einnahmeeinbußen werden erst im Laufe des 1.HJ 2015 voll zu spüren sein und vor allem Tier 3- und Tier 4 Städte heftig treffen.

Wir müssen 2015 mit einer Reihe von Konkursen und einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage sowie einem Ansteigen sozialer Spannungen vor allem in kleineren Städten West – und Nordchinas rechnen. Ihre Entwicklung zu dem strukturstarken Süden und Osten das Landes sowie den Tier 1 und 2 Städten wird zurückfallen.

2015 wird der Staat angesichts der Wirtschaftslage weiter seine investitionsgetriebene Wirtschaftspolitik fahren. Die Geldmenge wird weiter steigen, die Zinsen sinken, vor allem im ersten Halbjahr 2015. Eine Reduzierung der Verschuldungsquote von 250-300 % des BIP ist ausgeschlossen.

Um weitere Reformen in der jetzigen Phase durchzusetzen, fehlt es in der Mittelschicht an Vertrauen und Loyalität und an Perspektiven bei den billigen Arbeitskräften. Die effektivsten Reformen in der gegenwärtigen Phase dürften in der Stärkung der Privatindustrie liegen. Sie übernahm in den vergangenen Jahren 60% der Arbeitsuchenden. Die Wirtschaftslage wird viele Unternehmen zu Einsparungen und höherer Automatisierung zwingen und die Gehaltsanstiege in weniger spezialisierten Berufen weiter bremsen. Um zu überleben, müssen sie sich mehr in Innovation, Produktivität und Qualität investieren. Selbst in Teilen der Dienstleistungsbranchen beginnen bereits die Gehälter zu fallen als Folge des Abbaus von Arbeitskräften. Geringer Gehaltsanstieg und das schwindende Vertrauen in die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung sind Ursache, 2015 eine weitere Verlangsamung des Wachstums von Konsumausgaben zu erwarten .

Dennoch sehen wir für Teile der Konsumgüterindustrie sowie des Dienstleistungssektors noch die höchsten Wachstumschancen. Vor allem Logistik, der Reisebranche, aus Internet basierte Leistungen sowie alles rund um e-commerce bietet Wachstumschancen. Auch neue Produkte und Geschäftskonzepte rund um die Themen Gesundheit, Lebensmittel, life style (Freizeit, Einrichtung) werden überdurchschnittlich nachgefragt werden. „silver hair industry“, spricht Produkte und Leistungen mit den Älteren als Zielgruppe. wird 2015 einen geschätzten Anteil von 10% am BIP halten. 2025 werden in China über 250 Mio Senioren leben. 2050 sind es rund 500 Mio!

Langfristig interessant ist der Agrarsektor mit einer steigenden Nachfrage nach einer effektiveren und kommerziell ausgerichteten Agrarwirtschaft, die wiederum den Bedarf nach Landmaschinen und der verarbeitenden Industrie mit sich zieht. Betreiberkonzepte z.B in Umweltkreisläufen oder e-mobility bieten ebenfalls Potential.

Der Druck zu Innovation und fördert die Nachfrage nach hochwertigen Forschungsmethoden uns Ausrüstung. Die Zusammenarbeit in Bereichen wie Medizin, Pharma sowie Biotechnologie bietet sich angesichts des zum Teil hohen Standards chinesischer Unternehmen zwingend an.

Die Konsolidierung in China bietet ausländischen Unternehmen eine große Chance zu Kreuzbeteiligungen und Übernahmen ! Momentan bieten sich zum Beispiel auch in China tätige japanische Hersteller hochwertiger Komponenten zum Verkauf an, die unter der angespannten politischen Lage leiden .
Aus dem gleichen Grunde versuchen sich die Großen der jeweiligen Branche in China, sich durch Allianzen weiter zu entwickeln. Es ist bittere Notwendigkeit für sie, da sie mit einem organischen Wachstum alleine die globale Wettbewerbsfähigkeit nicht erreichen können. Neben den schon fast klassischen Automotive , Robotics und e-Mobilität sehen wir bei den eingehenden Anfragen einen Trend zu Logistik, Lebensmittel und Mode.

Über den Autor:
kordesRainer Kordes ist seit 1992 beruflich mit Asien verbunden und war zwischen 1995 und 2010 in Führungspositionen mit Sitz in China und Singapur tätig.
Seit Anfang 2011 unterstützt die KORDES Strategy Advisors Unternehmen bei der Geschäftsentwicklung in China sowie bei Führungs- und Restrukturierungsthemen. Weitere Informationen: www.kordes-sa.com

Bildnachweis: FotoHiero, pixelio.de

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